Vor 85 Jahren wurde Österreich Teil des Deutschen Reichs

Oesterreichs-anschluss-100__v-gseagaleriexl.jpeg

Am heutigen 12. März jährt sich der »Anschluss« Österreichs an das faschistische Deutsche Reich. In der österreichischen Öffentlichkeit dauerte es nach der Befreiung 1945 mehrere Jahrzehnte, bis man begann, Verantwortung für die Geschichte zu übernehmen.

Heute vor 85 Jahren marschierte die Wehrmacht in Österreich ein, einen Tag danach war der „Anschluss“ vollzogen und Österreich hörte zu existieren auf. Die KPÖ gedenkt an diesem Tag, an dem sie als einzige Partei zum Widerstand und zum Kampf für ein freies und demokratisches Österreich aufgerufen hat. Für die KPÖ begann die schwerste Zeit ihrer Geschichte, viele Kommunist:innen wurden bereits am 12. März 1938 verhaftet.
 

Der Weg zum „Anschluss“

Österreich war auch schon in den Jahren vor dem Anschluss eine faschistische Diktatur. Seit 1933 regierte der austrofaschistische Bundeskanzler Engelbert Dollfuss ohne Parlament. Die KPÖ wurde bereits im Mai 1933 verboten. Nach dem Bürgerkrieg im Februar 1934 folgte das Verbot der SPÖ und die Beseitigung der demokratischen Verfassung. Dollfuß selbst viel einem Putschversuch österreichischer Nazis zum Opfer. Durch die Zerschlagung der Arbeiter:innenbewegung bereitete die austrofaschistische „Vaterländische Front“ dem Hitler-Faschismus den Boden in Österreich.

Obwohl sich der Druck der deutschen und der österreichischen Nazis auf das österreichische Regime erhöhte, sah dieses seinen Hauptfeind in bei den Kommunist:innen und Sozialist:innen. Nach innen gab sich Bundeskanzler Schuschnigg kämpferisch und rief „Rot-Weiß-Rot bis in den Tod“ zur Parole aus. In der Praxis zeigte er aber zurückweichend gegenüber den Forderungen der deutschen Regierung, auf Angebote der Arbeiter:innenbewegung zum gemeinsamen Widerstand ging er nicht ein.
 

Kapitulation der Regierung

Bundeskanzler Schuschnigg legalisierte, auf deutschen Druck, Anfang 1938 die NSDAP in Österreich und nahm zwei Nazis als Minister in seine Regierung auf. Anfang März versuchte er allerdings mithilfe einer Volksabstimmung, die ein deutliches Ergebnis für Österreich bringen sollte, seine Position zu halten. Hitler reagierte mit einem Ultimatum und drohte mit dem Einmarsch. Schuschnigg lehnte Widerstand ab und der Nationalsozialist Arthur Seyß-Inquart wurde Bundeskanzler.

In der Nacht vom 11. auf 12. März 1938 übernahmen die österreichischen Nazis die Macht und am frühen Morgen überschritt die deutsche Wehrmacht die Grenze. Schon in der Nacht kamen Gestapo und SS mit Verhaftungslisten. In den ersten Tagen wurden über 50.000 Österreicher:innen verhaftet, sofort begann auch die Verfolgung der jüdischen Bevölkerung.
Große Teile der Bevölkerung begrüßten den Anschluss, oft wurden die Wehrmachtssoldaten mit Begeisterung empfangen.
 

(un)organisierter Widerstand

Die KPÖ erkannte bereits früh die größere Gefahr, die vom deutschen Faschismus ausging, und rief zum gemeinsamen Kampf auf. Nach der Ankündigung der Volksabstimmung kam es auch zu gemeinsamen Aktionen von Kommunist:innen, Sozialist:innen und antifaschistischen Katholik:innen. Während die Regierung kapitulierte und führende Sozialdemokrat:innen wie Otto Bauer und Karl Renner, trotz ihrer Ablehnung des Hitler-Regimes, den Anschluss sogar begrüßten rief die KPÖ als einzige Partei zum organisierten Widerstand auf.

Das Zentralkomitee  der Partei wandte sich in einem Aufruf an die Bevölkerung: „Der Kampf geht weiter. Durch seine eigene Kraft und durch die Hilfe der Weltfront des Friedens wird ein freies, unabhängiges Österreich wiedererstehen.“
 

Opfermythos

In den ersten Jahrzehnten nach der Befreiung 1945 dominierte die Erzählung von Österreich als „erstem Opfer“ Hitlers. Dabei wurde die Täterschaft von österreichischen Nazis ebenso ausgeblendet wie die Anliegen tatsächlicher österreichischen Opfergruppen. Im österreichischen Schulunterricht wurde die Zeit des Nationalsozialismus im Wesentlichen ausgespart, die Deutungshoheit lag oft bei den Kameradschaftsbünden. Während man den soldatischen „Helden“ gedachte, sollte man die Geschichte ruhen lassen, wenn es um die Opfer ging. 

Erst in den späten 80er und frühen 90er Jahren begann sich der Diskurs zu ändern. Im Gefolge der Waldheim-Affäre kam es zur Aufarbeitung österreichischer Täterschaft und zu einer Auseinandersetzung mit dem Schicksal der österreichischen Opfer. Viel zu spät wurde damit begonnen Verfolgte zu entschädigen.
 

Aufarbeitung

Im Spannungsfeld zwischen Täter- und Opfermythos bleibt der Widerstand auf der Strecke. Breiten Teilen der Bevölkerung ist überhaupt nicht bewusst, dass es ÖsterreicherInnen gab, die sich gegen den Anstchluss wehren wollten. Viele Geschichten sind fast vergessen.
Die Ursachen der Anschluss-Begeisterung oder gar der Wurzel des Faschismus zu thematisieren, wird von der herrschenden Politik nicht gewünscht.

Die Vorgängerpartei der ÖVP hat 1933 die Demokratie in Österreich beseitigt, führende Kreise der Sozialdemokratie waren deutschnational, beides trug dazu bei, den Nazis den Weg zu ebnen. Die Spitzen der österreichischen Wirtschaft, der Kirche und des Bundesheeres haben sich sofort mit dem neuen Regime arrangiert. Der Widerstand blieb weitgehend auf die Arbeiter:innenbewegung beschränkt. Die KPÖ blieb die führende Kraft im Widerstand. Insgesamt wurden über 2000 österreichischen Kommunist:innen vom Faschismus ermordet.

12. März 2023