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Eckwertbudget: Die Argumente der KPÖ-Stadträtinnen

"Planlose Vorgangsweise - einseitige Belastungen"

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Die KPÖ Stadträtinnen Elke Kahr und Wilfriede Monogioudis

Stadträtin Elke Kahr
Stadträtin Wilfriede Monogioudis

Stellungnahme zum Eckwertbudget 2007 - 2009

Der Gemeinderat beschließt in seiner Sitzung am 18.05.06 über Antrag der Finanz- und Vermögensdirektion die Festlegung der Eckwerte für 2007, 2008 und 2009. Die Budgetberatungen, die diesem Beschluss vorausgingen und von VP/SP schon seit Jahresbeginn abgehalten werden, fanden in einer Weise statt, die von uns keinesfalls akzeptiert werden kann. Die KPÖ-Stadträtinnen waren in keiner Phase eingebunden und wurden erst in der Vorwoche über die sie betreffenden Eckwerte informiert. Selbst zu Beratungen, die Einsparungen in ihren Ressorts betreffen, wurden sie nicht eingeladen.
Abgesehen von der demokratiepolitischen Fragwürdigkeit dieser Gepflogenheiten – sie unterlaufen das Prinzip der Beteiligung an Entscheidungen in der Grazer Kommunalpolitik auf Grund des Wahlergebnisses – sind sie auch den Interessen der Stadt alles andere als dienlich.

Planlose Vorgangsweise
In den letzten Jahren wurden der Gemeinderat der Stadt Graz und die MitarbeiterInnen des Magistrats mit immer neuen Projekten im Zusammenhang mit Einsparungen konfrontiert.
Im Jahr 2004 startete mit viel Aufwand das Projekt „Aufgabenkritik zur Haushaltskonsolidierung“. Alle Magistratsabteilungen arbeiteten mit großem Engagement umfangreiche Maßnahmenkataloge aus, mit Einsparvorschlägen für die Jahre 2005, 2006 und 2007.
Ein Jahr später war diese Arbeit nicht mehr gefragt. Das neue Projekt hieß „Eckwertbudgetierung“ (dazwischen gab es auch die – an sich sinnvolle – Idee der vorgelagerten, gemeinsamen Prioritätenfestlegung).
Mit dieser planlosen Vorgangsweise werden auch die MitarbeiterInnen des Magistrats verunsichert und demotiviert.

Eckwerte sind nur scheinbar „gerecht“.
Die einzelnen Ressortbudgets sollen einheitlich im Jahr 2007 um 5,99% in den folgenden Jahren um 6,38% bzw. um 6,81% gekürzt werden. Auf besondere Erfordernisse zu reagieren (Beispiel Ausweitung Kontaktladen) wird damit sehr schwierig.
Wenn mit dieser linearen Erhöhung der Anschein erweckt wird, die Last würde auf alle gleichmäßig verteilt wird, so trifft dies keinesfalls zu.
Am Beispiel der Wirtschaftsbetriebe zeigt es sich, dass die Ungleichbehandlung zu gravierenden Unterschieden führt: Während in den Ressorts von VP/SP nur die disponierbaren Posten gekürzt zu werden brauchen (und auch hier kann es noch Ausnahmen geben) werden im Bereich der Wirtschaftsbetriebe die nicht disponierbaren „AEVG- Kosten“, die mit rund 17 Mio. € 41% des Eckwertes ausmachen, nicht als Durchlaufposten akzeptiert.
Die tatsächliche Reduktion beträgt daher im Jahr 2007 nicht 6% sondern 14,5%
Im Jahr 2008 nicht 6,4% sondern 17%
Im Jahr 2009 nicht 6,8% sondern 21%

Einsparungen in dieser Höhe sind undenkbar und gingen zu Lasten der BürgerInnen und der Wirtschaft!
Das Aufgabenvolumen der Wirtschaftsbetriebe wird ständig erweitert, von ihnen wird verlangt, ihre Leistungen auszuweiten. Die zur Verfügung gestellten Mittel werden aber immer geringer. Einsparungen in der Höhe, wie es diese Eckwertfestlegung vorsieht, hätten derart drastische Reduktionen in den Bereichen Grünraumpflege, Straßenerhaltung- und Sanierung, Winterdienst usw. zur Folge, dass sich das Bild der Stadt insgesamt negativ verändern würde; die Leidtragenden wären nicht nur alle Grazerinnen und Grazer, sondern auch die Wirtschaft und der Tourismus. Die Bonität des Standortes Graz hätte in einer nicht wieder gut zu machenden Weise darunter gelitten.

Wohnungssanierungen dürfen nicht vernachlässigt werden

Die Initiative „ein Bad für jede Gemeindewohnung“ hat der Stadt Graz großes Ansehen gebracht. In über 600 Wohnungen wurden mittlerweile Nasszellen eingebaut. Im Zuge der Generalhaussanierungen sind fast 300 Wohnungen mit Fernwärme, Bädern, Wärme- und Trittschalldämmung ausgestattet worden. Damit erfüllt das Wohnungsamt einen wichtigen sozialen Auftrag. Auch Mieterinnen und Mietern mit kleinen Einkommen müssen menschenwürdige Wohnungen zur Verfügung gestellt werden.
Dadurch kommt es auch zu einer besseren sozialen Durchmischung und durch den Einbau der Fernwärme leistet das Wohnungsamt einen wichtigen Beitrag zur Lösung des Feinstaubproblemes.
Diese erfolgreiche Sanierungsoffensive sowie das Nasszelleneinbauprogramm werden aber durch die Vorgaben von SPÖ und ÖVP jetzt in Frage gestellt.
Mit den vorgegebenen 3 Millionen Euro für das a.o. Budget 2007 können die dringend notwendigen weiteren Sanierungen und Instandhaltungsarbeiten nicht in dem erforderlichen Ausmaß bewältigt werden. Eine Zustimmung zu diesen Einsparungsvorgaben kann es daher nicht geben. Dabei handelt es sich um ein kurzsichtiges Denken von SPÖ und ÖVP, denn von den 3 Mio € werden 2,8 Mio € refinanziert. Die Sanierungsausgaben werden zur Gänze durch Landesförderungsmittel und durch die Mieteinnahmen refinanziert, außerdem kommt es durch die Sanierungen und die damit verbundene Standartanhebung zu einer deutlichen Wertanhebung und Wertsteigerung unserer Immobilien. Im übrigen ist die Stadt Graz als Liegenschaftsinhaberin verpflichtet, die gesetzlichen Erhaltungsarbeiten durchzuführen.
Trotz steigendem Bedarf an Gemeindewohnungen sind keine Mittel für Grundstücksankäufe vorgesehen.

Die Möglichkeit, Vorhaben in der Außerordentlichen Gebarung, also über Darlehensaufnahmen zu realisieren, sind nur mehr minimal – gibt es doch bis 2010, also für den Zeitraum von vier Jahren dafür einen Gesamtrahmen von nur rund 130 Mio. €. Hier drängt sich ein Vergleich auf: Allein im Jahr 2002, also zu einem Zeitpunkt, als sich die Finanzmisere der Stadt schon deutlich abzeichnete, nahm die Stadt Gesamtdarlehen von 104,8 Mio. € auf.
Bei den Entscheidungen für Großprojekte wie Dom im Berg, Schlossberglift, Murinsel, Stadthalle, Kunsthaus etc. spielte in der letzten Gemeinderatsperiode die Überlegung, dass der Schuldendienst und die sonstigen Folgekosten in diesen schwierigen Zeiten den städt. Haushalt zusätzlich belasten, offenbar keine Rolle. Nur die KPÖ warnte damals vor den Folgen.

Ohne die Einnahmensituation zu verbessern, ist eine Konsolidierung des Budgets nicht möglich

Selbst durch große Anstrengungen lässt sich die Schere zwischen den laufenden Einnahmen und den laufenden Ausgaben allein durch Einsparungen nicht annähernd schließen. Eine Lösung der Finanzprobleme ist ohne eine Verbesserung der Einnahmensituation nicht möglich.
Die wichtigsten Einnahmequellen der Gemeinden stellen die Ertragsanteile und die eigenen Gemeindeabgaben dar. Bei den Gemeindeabgaben wirkte sich vor allem die Abschaffung der Getränkesteuer negativ aus. Die Ertragsanteile deckten vor zehn Jahren noch 39,5% der Ausgaben, im Jahr 2004 waren es nur mehr 29%. Im Zeitraum zwischen 1996 und 2004 stiegen die Steuereinnahmen des Bundes um rund 32%, im selben Zeitraum stiegen die Ertragsanteile der Stadt Graz nur halb so stark.

Bei Nichthandeln von Bund und Land drohen negative Auswirkungen, die nicht nur die Stadt Graz allein betreffen

Die finanzielle Misere hat in erster Linie ihren Hintergrund in der neoliberalen und monetaristischen Budgetpolitik des Bundes, der – im Einklang mit den EU-Richtlinien – die Städte aushungert.
Erforderlich ist eine sofortige Hilfe für Graz als zweitgrößte Stadt Österreichs und eine Änderung des Finanzausgleichs, der den tatsächlichen Erfordernissen Rechnung tragen soll.
Wir warten seit Jahren auf ein energisches Auftreten der Politiker der Mehrheitsparteien gegenüber ihren Parteifreunden in Bund und Land und einen konsequenten Widerstand gegen diese Politik.

17. Mai 2006