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Estag-Gutachten zum Murkraftwerk ist mangelhaft

Presseaussendung der Initiative "Rettet die Mur"

Experten kritisieren EStAG-Gutachten

EStAG-Gutachten zur Staustufe Graz mangelhaft – Behörden prüfen

Experten sind sich einig: Wesentliche EStAG-Gutachten, die im Zuge des UVP-Verfahrens eingereicht wurden, weisen starke Mängel auf. Daten wurden nicht fachgerecht erhoben. Belegte Fakten außer Acht gelassen. Wesentliche Problemfelder, einschließlich ihrer Auswirkungen, nur schematisch bis gar nicht beachtet. Die teuren Gutachten bilden demnach eine unzureichende Grundlage zur objektiven Beurteilung; jetzt prüfen die zuständigen Behörden.

Derzeit bearbeiten die Behörden des Landes die Gutachten, welche von der EStAG zur Umweltverträglichkeitsprüfung der Staustufe Graz eingereicht wurden. In den knapp 100 Einwendungen der Umweltorganisationen und Bürgerinitiativen stoßen diese auf starken Widerstand. „Nach Rücksprache mit Experten auf mehreren Gebieten ist klar, dass viele Gutachten der EStAG mangelhaft sind“, kritisiert Clemens Könczöl, Sprecher der Plattform „Rettet die Mur“, „Auch die Prüfung der Behörde wird das zeigen. Die Umweltverträglichkeit eines solchen Projektes ist auszuschließen. Das Projekt ließe sich nur über ein weiteres Ausnahmeverfahren genehmigen.“

Auch Umweltanwältin Ute Pöllinger kommt im Zuge ihrer Prüfung der Gutachten zu diesem Ergebnis: „Ich habe schon an vielen Umweltverträglichkeitsprüfungen mitgearbeitet. Doch hier vorliegende Gutachten weisen starke Mängel auf. Beispielsweise wurde der Bestand der geschützten Würfelnatter nicht fachgerecht erhoben. Nach unserer Prüfung des tatsächlichen Sachverhalts ist klar: Das Projekt führt zu einer erheblichen und eklatanten Verschlechterung. Wirksame Gegenmaßnahmen sind vom Projektwerber nicht vorgesehen. Die Bewertung der Zustands-Verschlechterung ist nicht nachvollziehbar und viel zu mild. Äußerungen wie vom scheidenden Vorstandsvorsitzenden Kois nach denen der Bestand nach Ende der Baumaßnahmen gleich sei, sind nachweislich falsch und können auf der Grundlage der unzureichenden Erhebungsdaten des EStAG-Gutachtens gar nicht getätigt oder geprüft werden.“

Gewässerökologe und IUCN-Beauftragter Steven Weiss erkennt ähnliche Mängel: „Ich muss sagen, dass ich über die Qualität der Gutachten im Gewässerökologischen Bereich schockiert bin. Als Fachexperte erkennt man sofort, dass die aufgestellten Behauptungen nicht stimmen können und belegte Fakten einfach außer Acht gelassen wurden. Z.B. werden Dokumentierte Laichplätze wissentlich ignoriert und heruntergespielt. Wenn diese tendenziöse Haltung auf alle begutachteten Bereiche zutrifft ist eine objektive Beurteilung des Projektes auf dieser Grundlage unmöglich.“

Der ehemalige Stadtplanungschef Dipl.-Ing. Heinz Rosmann, erkennt diese Tendenz in seinem Bereich ebenfalls und schließt daraus: „Bei einer genauen Prüfung des Sachverhaltes stellt sich sehr rasch heraus, dass viele wesentliche Problemfelder (Stadtentwicklungskonzept, Stadtprogramm Grünraum usw.) nur schematisch bis gar nicht behandelt werden. So werden z.B. räumliche Veränderungen, wie Dämme, Eintiefungen, Verschmälerung der Vegetationszonen, etc. in dem Gutachten zu Freizeit, Erholung und Tourismus überhaupt nicht angesprochen. Sie haben jedoch einen großen Effekt auf die heute bestehenden Naherholungsqualitäten. Insgesamt ist die Tendenz deutlich erkennbar, dass das Kraftwerksprojekt jedenfalls positiv unterstützt und bewertet werden soll. Die Gutachten erfüllen somit weder inhaltlich noch die im AVG (Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz) und vom Verwaltungsgerichtshof geforderten Kriterien nach Objektivität und Darstellung des maßgeblichen Sachverhalts.“

„Dafür, dass wir BürgerInnen diese Gutachten mit unseren Steuergeldern und Stromkosten finanzieren, dürfen wir uns durchaus Objektivität erwarten“, beanstandet Könczöl, „ So entsteht der Eindruck, als wolle man an der falschen Stelle Geld sparen. Das Kraftwerk kostet bereits jetzt ein Drittel mehr als vergleichbare Projekte mit mehr elektrischer Leistung (Gössendorf oder Kalsdorf). Wenn man schon sparen will, wäre es sinnvoll die überbordenden Werbemaßnahmen zu überdenken. Die Prüfung der Auswirkungen auf den Lebensraum von Mensch und Tier darf dagegen auf keinen Fall vernachlässigt werden!“

Rückfragehinweis:
Clemens Könczöl
Sprecher, Rettet die Mur
Tel: 0664 135 46 72
E-Mail: office@rettetdiemur.at

15. November 2011