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Für eine soziale Stadtentwicklung

Diskussionsbeitrag von Manfred Eber in der Grazer Budgetdebatte

Gemeinderat Manfred Eber (KPÖ)
Für eine soziale Stadtentwicklung
Rede in der Spezialdebatte über das Grazer Budget 2010 (14. 12. 09)

Zur Zeit finden die Arbeiten am neuen Stadtentwicklungskonzept (STEK 4.0) statt. Dabei ist meines Erachtens das Bemühen von allen Beteiligten festzustellen, eine Arbeitsgrundlage für die zukünftige Entwicklung unserer Stadt zu entwerfen, die den Ansprüchen einer sozialen, grünen Stadt auf tragfähiger finanzieller Basis gerecht werden soll.
Wichtig ist dabei, dass Fehler der Vergangenheit nicht wiederholt werden. Das Kommodhaus und das Haus Lendplatz 38 sind nur zwei Beispiele dafür, dass private Investoren, wenn es um ihre Profite geht, über keine Skrupel verfügen, schützenswerte Kulturdenkmäler abzureißen und dass sie dabei auch auf die Unterstützung der Mehrheitsparteien im Rathaus (hier schwarz-rot, nicht schwarz-grün) zählen können. Aber auch die häufigen Überschreitungen bei der Bebauungsdichte (nicht um wenige Prozent, sondern um ein Fünftel, ein Viertel oder noch mehr) sowie die zu vielen Baubewilligungen im Grüngürtel müssen der Vergangenheit angehören. Das Stadtentwicklungskonzept 4.0 sollte hier ganz klare Vorgaben liefern und die bisherigen Diskussionen lassen mich durchaus optimistisch in die Zukunft blicken. Aber auf der Hut werden wir wie auch bisher sein.

Es ist wichtig, dass die Politik Bürgerinitiativen nicht als lästige Querulanten ansieht, sondern als ExpertInnen in ihrem jeweiligen Lebensumfeld in Diskussionen rechtzeitig mit einbezieht.

So gab es etwa sehr aktive Bürgerinitiativen im Zusammenhang mit dem geplanten ECE. Diese warnten davor, ein neues Einkaufszentrum zu errichten, weil Graz (mit den Umlandgemeinden) ohnehin bereits viele, manche meinen: zu viele, Einkaufszentren hat. Dies ist nicht nur ein Gefühl, sondern lässt sich durch Zahlen untermauern. Graz hat laut Regioplan eine dreimal so hohe Dichte (also Verkaufsfläche pro Einwohner) wie Wien.
Die Bürgerinitiativen warnten in diesem Zusammenhang davor, dass die Annenstraße nicht aufgewertet wird, sondern im Gegenteil, durch ein neues Einkaufszentrum weiter verliert.
Und sie warnten davor, dass die unmittelbare Lebensqualität der AnrainerInnen noch stärker darunter leidet, insbesondere durch den zunehmenden Verkehr, und das in einem Gebiet, das jetzt bereits zu den höchstbelasteten gehört.
Bereits im Dezember 2008 hat die KPÖ davor gewarnt, dass angesichts der internationalen Finanz- und Wirtschaftskrise das Projekt scheitern könnte. Ich freue mich, dass die KPÖ durch ihre kritsche Haltung zur jetzigen Entwicklung beigetragen hat:
Der Investor hat sich tatsächlich zurückgezogen und es ergeben sich neue Möglichkeiten, dieses Areal sinnvoll zu nutzen. Blamiert sind jetzt neben der ÖVP auch SPÖ und FPÖ, die den Bebauungsplan im letzten Jahr durchgedrückt haben.

Für die Grazer KPÖ ergeben sich jetzt aber auch einige Fragen: Was wird aus den vertraglichen Vereinbarungen zwischen der Stadt Graz und der ECE-Gruppe? Welche Kosten hat die Stadt insgesamt für das geplatzte Projekt zu tragen? Werden die für das ECE-Projekt gemachten Änderungen des Stadtentwicklungskonzepts und des Flächenwidmungsplanes jetzt zurückgenommen? Was wird aus dem vom Gemeinderat beschlossenen Bebauungsplan? Gibt es Auswirkungen durch das Aus für das ECE auf die Nahverkehrsdrehscheibe Hauptbahnhof? Werden sich ÖVP-PolitikerInnen und Meinungsmacher bei den Kritikerinnen und Kritikern des Mammutprojektes ECE dafür entschuldigen, dass sie ihnen Arbeitsplatzvernichtung und alle möglichen anderen Sünden vorgeworfen haben?
Und: Was haben die neuen Eigentümer - die City-Park-Betreiberfamilie Poppmeier - mit dem Areal vor?

Durch Vorgaben und Verhandlungen mit dem neuen Eigentümer - unter Miteinbeziehung der Bevölkerung - könnte nun in diesem Gebiet eine wirtschaftlich, ökologisch und sozial sinnvolle Nutzung entstehen. Die Stadt Graz, die Stadtregierung ist hier gefordert.

Gefordert ist die Stadt aber auch in einer anderen wichtigen Frage, der Entwicklung der Reininghausgründe. Die KPÖ hat von Anfang an davor gewarnt, privaten Investoren die Entwicklung dieses Gebiets zu überlassen, die Kosten aber, etwa für die Infrastruktur, auf die Stadt Graz abzuwälzen. Nunmehr haben sich auch diese Pläne zerschlagen.
Ich möchte an dieser Stelle erinnern: wir haben uns hier im Gemeinderat im letzten Jahr wiederholt mit der Wirtschaftskrise und ihren Folgen auf die Kommunen und über mögliche Maßnahmen, die gegensteuern sollten, beschäftigt. Dabei wurden Vorschläge, die wir gemacht haben, die aber auch von der SPÖ eingebracht wurden, zumeist von der schwarz-grünen Koalition niedergestimmt.
Jetzt ist es aber an der Zeit - trotz schwieriger finanzieller Lage - durch eine Wohnbau- und Beschäftigungsinitiative die Lage auf dem angespannten Arbeitsmarkt ebenso wie auf dem nicht minder angespannten Wohnungsmarkt zu entschärfen.
Die Stadt Graz selbst muss hier endlich initiativ und aktiv werden. Wir brauchen Arbeitsplätze ebenso dringend wie leistbaren Wohnraum, wir brauchen eine soziale und ökologische Stadtentwicklung ebenso wie eine neue Form der Solidarität mit den Menschen in unserer Stadt, denen es nicht so gut geht.

Wie können aber derartige Wünsche oder vielmehr: Notwendigkeiten finanziert werden in einer Zeit, in der vom Bürgermeister abwärts alle über Budgetnöte lamentieren?

Für Nahverkehrsabgabe

Die KPÖ fordert seit langem die Einhebung einer Nahverkehrsabgabe. Damit sollen die Unternehmer für die Finanzierung des Öffentlichen Verkehrs in die Pflicht genommen werden. Es sind ja gerade die großen Betriebe, die von der Infrastruktur, die die öffentliche Hand zur Verfügung stellt, profitieren. Es ist also keine Zumutung, sondern nur recht und billig, wenn beispielsweise Einkaufszentren den öffentlichen Personenverkehr mitfinanzieren und damit auch selbst besser von diesem erschlossen werden können. Im Landtags-Unterausschuss zur Novelle des Raumordnungsgesetzes wird nun eine Parkplatzabgabe diskutiert. Allerdings scheinen sich SPÖ und ÖVP selbst nicht im Klaren zu sein, was sie damit eigentlich wollen. Sicherlich führt diese Abgabe, deren Höhe noch nicht einmal feststeht, nicht zu einem Stopp des Baus von Einkaufszentren, sei es auf der "grünen Wiese", sei es im innerstädtischen Bereich. Aber sie könnte durchaus geeignet sein, die Entwicklung und den Ausbau des ÖPNV zu forcieren. Eine Nahverkehrsabgabe, wie wir sie vorschlagen belastet dabei nicht die privaten Haushalte und die kleinen Betriebe, sondern setzt an der Umsatz- und Profitmaximierung der großen Unternehmen an, ist also auch ein kleiner Beitrag zur Umverteilung von den Reichen zu den weniger Begüterten.
Dies ist nur ein Beispiel dafür, wie auch die Stadt Graz selbst einen Beitrag zur Besserung ihrer finanziellen Lage leisten kann.

14. Dezember 2009