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"Gerade in Krisenzeiten sind leistbare Gemeindewohnungen wichtig"

Elke Kahr zu den Schwerpunkten der Grazer KPÖ-Wohnungspolitik

Stadträtin Elke Kahr

Gerade in Krisenzeiten sind leistbare Gemeindewohnungen wichtig

Diskussionsbeitrag in der Budgetdebatte des Grazer Gemeinderates, 11. 12. 08

Gestern am 10. Dezember begingen wir den 60. Jahrestag der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte. Heute 60 Jahre danach scheinen viele Lehren dieser bemerkenswerten Deklaration in Vergessenheit zu geraten. Im Ergebnis neoliberaler Politik wurden weltweit Kapitalismus, Krieg und Umweltzerstörung entfesselt. Die sozialen Grundrechte wurden abgebaut, so dass die Lebensmöglichkeiten und -bedingungen der Menschen wie nie zuvor von ihrer Stellung in der Gesellschaft abhängen. Auch in unserer Stadt Graz wird die soziale Situation für immer mehr Menschen schwieriger. Deshalb gilt es gerade auf kommunaler Ebene, also dort wo wir den Leuten am nächsten sind, alles dafür zu tun, dass Soziale Gerechtigkeit und Solidarität nicht eingeschränkt, sondern ausgeweitet werden.

Dabei geht es vor allem auch darum, Werte, welche die Allgemeinheit geschaffen hat, vor dem Zugriff privater und letztendlich einzelner Interessen zu schützen.

Das gilt in einem besonderen Maße für unsere 4.300 städtischen Gemeindewohnungen.

Gerade in Krisenzeiten, wo der Verlust des Arbeitsplatzes immer mehr Menschen bedroht, die Chancen für Jugendliche auf einen Lehrstellenplatz geringer werden, die Realeinkommen mit den Lebenserhaltungskosten nicht mehr Schritt halten, braucht es ein Angebot an wirklich leistbarem Wohnraum. Die Mietkosten am privaten Wohnungsmarkt sind schon jetzt in der Steiermark auf Rekordniveau. Wohnen ist bereits heute für viele ein Luxus, den sich viele ohne Hilfe nicht mehr leisten können. Die Leute verlieren nicht nur ihre Arbeit sondern auch immer mehr ihre Wohnungen. Immer mehr Familien können ihre Kredite für den Erwerb ihres Eigenheimes nicht mehr bedienen und sind mit Zwangsversteigerungen konfrontiert. Und auch wenn sehr oft betont wird, dass wir in Graz keine Obdachlosigkeit haben, so steigt die Zahl der wohnungslosen Menschen von Jahr zu Jahr an. Die fehlende Perspektive, im Leben Fuß zu fassen, gesundheitliche und psychische Probleme sind nur einige negative Begleiterscheinungen der Wohnungslosigkeit.

Auf den MitarbeiterInnen im städtischen Wohnungsamt lastet ein großer Druck. Sie sind tagtäglich mit den sozialen Gebrechen unserer Gesellschaft konfrontiert - genauso wie die zahlreichen Wohnungslosen-, Beratungs- und Sozialeinrichtungen in unserer Stadt.

Die einzige Chance auf leistbaren und vor allem gesicherten Wohnraum bieten die Gemeindewohnungen. Sie tragen zum sozialen Gesicht unserer Stadt Graz bei. Auf sie haben wir auch einen Einfluss. In welcher Weise? Das hat sich erst vor wenigen Monaten gezeigt, wo wir gemeinsam auf Antrag des Wohnungsamtes die bundesweite Erhöhung um 5,8 % bei den Kategoriemieten für unsere BewohnerInnen verhindern konnten. Und nur durch diesen Einfluss können wir auch die geplante bundesweite Erhöhung bei den Richtwertmieten im Frühjahr 2009 um weitere 3,5 % für unsere MieterInnen vermeiden, wenn wir weiterhin den gemeinsamen Willen haben, Belastungen im Wohnungsbereich zu vermeiden.

500 neue Wohnungen sind dingend notwendig

Das Bekenntnis von ÖVP und Grünen, sich für den Erhalt unserer Gemeindewohnungen im öffentlichen Eigentum auszusprechen und das gemeinsame Ziel 500, neue Gemeindewohnungen in dieser Periode fertig zu stellen, haben uns bewogen, dem Kapitel Wohnen im Koalitionspapier beizutreten.

Ich hoffe im Interesse der zahlreichen Wohnungssuchenden, dass dieses Vertrauen auch gerechtfertigt ist.
Noch ist nichts entschieden. Ich sehe zwar nach wie vor die Chance, dass wir dieses Ziel schaffen können. Tatsache ist aber auch, dass wir von den geplanten 500 Wohnungen bisher nur 151 Wohnungen bis 2010 fertig stellen werden: Und dass wir bisher erst mögliche Grundstücke für ca. 200 Wohnungen haben. Da die Erfahrung gezeigt hat, dass vom Ankauf bis zur Fertigstellung eines Wohnhauses in der Regel ca. 3 Jahre vergehen, müssen wir im kommenden Jahr für die entsprechende Grundstücksbevorratung sorgen.

Die Wohnqualität deutlich zu verbessern und Schritt für Schritt dem Substandard in unseren Gemeindewohnhäusern ein Ende zu setzen, ist ein erklärtes Ziel der KPÖ. Auch BezieherInnen von kleinen Einkommen haben ein Recht auf menschenwürdiges Wohnen. Wie Sie wissen hatte die Stadt noch vor 10 Jahren einen enormen Sanierungsrückstau. Mehr als 1000 Substandardwohnungen ohne Bad und Klo am Gang, führten zu langen Leerstehungen. Viele der Kunden haben beim Anblick unserer Wohnhäuser schon am Absatz umgedreht. Das Image unserer Wohnungen war nicht gut, weil auf den Bestand unserer Häuser nicht besonders geachtet wurde.

Ich bin deshalb sehr stolz darauf, dass wir trotz schwieriger finanzieller Rahmenbedingungen, bei den Sanierungen unserer Wohnhäuser eine mehr als positive Bilanz seit 1998 vorweisen können und auch 2009 ungeschmälert diesen erfolgreichen Weg fortsetzen werden.

Beispiele:

1998 – 2008 76 Wohnhäuser umfassend saniert, 8 Häuser von der GBG

476 Substandardwohnungen zu Kategorie A – Wohnungen

2009 wird es zu weiteren umfassenden Sanierungen

von 9 Wohnhäusern kommen. Darunter auch der Muchitschblock II, Wohnhäuser aus der Zwischenkriegszeit, wo noch heute der Hinweis zum Luftschutzkeller zu sehen ist, und man daran sieht, wie lange hier nichts gemacht wurde.

75 Wohnhäuser wurden nach § 18 Verfahren saniert,

In 736 Wohnungen ist es zum Einbau von Bädern gekommen. Das Nasszellenprogramm wird auch 2009 fortgesetzt

2003 bis 2008 wurden zusätzlich zu den umfassenden Sanierungen noch in 194 Wohnungen Zentralheizungen eingebaut. Auch 2009 wird mit 200.000 Euro der Einbau von Zentralheizungen einen Schwerpunkt darstellen.

41 Wohnhäuser sind mit Liften ausgestattet worden,

weitere 7 Anlagen sind in Planung, 3 davon werden 2009 errichtet

Hinter all diesen Zahlen steckt sehr viel Arbeit. Nur wer den Zustand unserer Gemeindewohnhäuser wirklich kennt und sich mit diesem Bereich beschäftigt hat, weiß über das Ausmaß an Arbeit Bescheid, das hier Jahr für Jahr bewältigt wurde.

Unzählige Hausversammlungen und hunderte Einzelgespräche mit Mietern sind dabei notwendig. Und man braucht vor allem viel Einfühlungsvermögen und soziales Verständnis, damit jeder Mieter und jede Mieterin die Abläufe gut verstehen kann, keine Information und kein Wunsch verloren geht. Für diese großartige Arbeit möchte ich mich ganz besonders bei meinen Mitarbeitern am städtischen Wohnungsamt bedanken.

Zuzahlungsmodell - Kautionsfonds

Auch wenn unsere MieterInnen im Durchschnitt um 43 % weniger Miete zahlen als der steirische Richtwertzins erlauben würde, sind für viele Bewohner in den Übertragungswohnbauten, wo wir nur das Einweisungsrecht haben, die Mieten für die geringen Einkommen zu hoch. Deshalb gibt es am Wohnungsamt zusätzlich zur Wohnbeihilfe des Landes eine Mietzinszuzahlung. Diese garantiert, dass niemand mehr als ein Drittel seines Einkommens für die Wohnung ausgeben muss. 2008 wurde für über 1600 Haushalte diese Mietzinszuzahlung bewilligt. Für 2009 werden dafür wieder 220.000 Euro bereitgestellt.

Darüber hinaus haben wir seit November 2007 einen Kautionsfond eingerichtet. Wenn das WA nach Ablauf der Wartezeit Ansuchenden keine entsprechende Wohnung anbieten kann wird unter bestimmten Voraussetzungen die Kaution für eine Wohnung am Privatmarkt bereitgestellt.

Das Zusammenleben von Menschen in Wohnhausanlagen bringt unterschiedliche Probleme mit sich. Deshalb haben wir immer wieder eine Siedlungs- bzw. Gebietsbetreuung eingefordert. Vor allem der Anteil ausländischer MitbürgerInnen im Zusammenhang mit Gemeindewohnungen wird dabei oft erwähnt. Die Erfahrung zeigt aber, dass bei unseren stadteigenen Wohnungen die Probleme weit geringer sind als bei den Genossenschaftswohnungen. Und der hohe Anteil an ausländischen Mitbürgern im Bezirk Gries oder Lend kann auf keinen Fall alleine mit unseren Gemeindewohnungen in Verbindung gebracht werden. Da der Anteil unserer Wohnungen nur 8 % des Wohnungsmarktes insgesamt ausmacht und der Anteil der ausländischen Mitbürger in unseren Wohnungen bei 17 % liegt, ist das Handlungsfeld vor allem bei privaten Wohnhausanlagen zu suchen.

Da dieses Thema ein Querschnittsbereich ist, hoffe ich, dass es im kommenden Jahr hier auch zu einigen konkreten Maßnahmen kommt. Das Wohnungsamt hat für 2009 jedenfalls finanzielle Mittel für eine Gebietsbetreuung bereitgestellt.

Was ist innovativ?

Zuletzt möchte ich vor allem eines betonen.

Heute wurde es nicht im Hause ausgesprochen, ich weiß aber, dass unsere Mitbewerber sehr oft Folgendes sagen: Die Kommunisten haben beim Thema Wohnen, keine innovative Ideen und sie verwalten nur.

Innovativ ist es, die Gemeindewohnungen nicht auszugliedern oder zu verkaufen, wie das in so vielen Städten geschehen ist, um Budgetlöcher zu stopfen.

Innovativ ist es, auf das öffentliche Eigentum zu schauen, gerade in Zeiten der Krise.

Innovativ ist es, weniger Studien und Selbstdarstellungen zu finanzieren und stattdessen für die Bedürfnisse der Bewohnerinnen da zu sein.

Innovativ ist es, ein offenes Stadtratsbüro zu haben und bei den Leuten vor Ort zu sein. Dass wir die Wohnungen gut verwalten, das zeigt die Bilanz der letzten 10 Jahre, denn zuvor wurden sie von der Politik schlecht verwaltet.

Abschließend möchte ich mich für die gute Zusammenarbeit bei allen städtischen Bediensteten bedanken, vor allem für die stets gute Zusammenarbeit zwischen den Wohnungsamt und den engagierten Mitarbeitern des Sozialamtes - vor allem bei den Sozialarbeiterinnen. Bedanken möchte ich mich bei allen Mitgliedern des Wohnungsvergabeausschusses für die konstruktive und freundliche Zusammenarbeit. Mein besonderer Dank gilt natürlich allen meinen Mitarbeitern beim städtischen Wohnungsamt und stellvertretend für sie Herrn Abteilungsvorstand Dr. Norbert Wisiak, dessen besonnene, umsichtige und hohe fachliche Kompetenz, für das Wohnungsamt und den städtischen Magistrat eine große Bereicherung darstellt.

Bedanken möchte ich mich aber auch beim zuständigen Finanzreferenten Stadtrat Rüsch, wo bei Gesprächen in einer sachlichen Atmosphäre ein nicht einfacher aber ein Weg für das Budget des städtischen Wohnungsamtes für das Jahr 2009 gefunden wurde, mit dem wir leben können.

11. Dezember 2008