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Keine Angst vor der Grazer KPÖ !

"Die Presse" hat ein Gespräch mit Elke Kahr geführt

Graz-Wahl: „Kommunisten muss man nicht fürchten“
Mit ihren Erfolgen auf Kommunalebene ist die Grazer KPÖ ein politisches Unikum in Österreich. Auch bei der Gemeinderatswahl sagen die Prognosen einen Stimmenzuwachs und gar Platz zwei hinter der ÖVP voraus.

Graz. Hammer und Sichel, ein roter Plüschstern. Die typischen Merkmale der Kommunisten stehen im Regal hinter Elke Kahrs Schreibtisch im Grazer Rathaus. Das war es dann aber auch schon mit Klassenkampf. Die Vorsitzende der Grazer KPÖ hat einen pragmatischen Zugang zur Politik. Daher will sie der jüngsten Umfrage, die ihre Partei bei der Gemeinderatswahl am 25. November in Graz auf Platz zwei sieht (17,8 Prozent) keine Bedeutung beimessen. „Die einzige Umfrage, die wirklich Gültigkeit hat, ist die am Wahltag“, sagt Wohnbau-Stadträtin Kahr.

Zwischen elf und 13 Prozent, das sei ein realistisches Ziel. Die sechs Gemeinderats- und den Stadtsenatssitz möchte man halten. Es wird ein harter Kampf werden. Hinter der ÖVP, die auch weiterhin mit Siegfried Nagl den Bürgermeister stellen wird, liegen SPÖ, KPÖ, FPÖ und Grüne in den Umfragen relativ gleich auf.

Bei der letzten Gemeinderatswahl 2008 erhielt die KPÖ 11,2 Prozent. Das Ergebnis war ein Absturz von den überraschenden 20,75 Prozent 2003. Es war auch der erste Wahlkampf, den Kahr als Spitzenkandidatin schlagen musste. KPÖ-Urgestein Ernest Kaltenegger war 2005 in den Landtag gewechselt. Auch nach seinem Rückzug aus dem Landtag 2010 ist er wichtiger Impulsgeber der Partei.
Im Wahlkampf steht er dieser Tage in den Straßen der Grazer Altstadt. „Ohne Ernest wären viele Erfolge nicht möglich gewesen,“ sagt Kahr. Wahlerfolge, welche die Grazer KPÖ zu einem politischen Unikum in Österreich machen.

Dabei wird die Politik der KPÖ oft als fad beschrieben, man würde mit dem Wohnen immer auf dasselbe Thema setzen. Dennoch ist die Partei in Graz gut verankert. Während die KPÖ mit der Forderung nach leistbarem Wohnen zumindest ein Thema im Wahlkampf anspricht, halten sich die politischen Mitbewerber mit klaren Aussagen zurück. Bürgermeister Siegfried Nagl (ÖVP) propagiert „Graz anders denken“, die Grünen versuchen es mit „Volle Kraft für Graz“, die FPÖ mit den üblichen Schreckensszenarien. Einen ähnlichen Weg geht das BZÖ.

Kaltenegger hatte sich als Ombudsmann armer Mieter einen Namen gemacht, Kahr führt seine Arbeit fort. Die Partei pflegt die Türen der Büros offen zu halten, Kahr hält wöchentlich Sprechstunden, ist in Siedlungen unterwegs. KPÖ-Mandatare haben sich eine Einkommensgrenze von 2000 Euro auferlegt, was darüber liegt, wird gespendet. In den Tiefen der Kommunalpolitik fällt die KPÖ nicht wie andere Mitbewerber durch Untergriffigkeiten auf. Sie beschränkt sich auf Sachpolitik und ist so für die Wähler, aber auch die Konkurrenz ein berechenbarer Faktor.

„Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass man sich selbst nicht besser darstellen kann, wenn man nur die anderen kritisiert“, sagt Kahr. Sie selbst sitzt seit 1993 im Grazer Gemeinderat. Der KPÖ ist die frühere Sekretärin der Kontrollbank AG 1983 beigetreten. Von 2003 bis 2004 war sie auch Vize-Chefin der Bundes-KPÖ. Bis die steirische KPÖ mit dieser gebrochen hat. „Wir haben uns nicht immer unterstützt gesehen, jetzt gibt es eine friedliche Koexistenz.“

Man habe sich schon vor langer Zeit der Kommunalarbeit verschrieben, so Kahr. „Wir sind eine kleine Partei. Wir können nicht, auch wenn wir eine Weltanschauungspartei sind, den Menschen immer die Welt erklären.“ Leistbaren Wohnraum schaffen, kein Verkauf von öffentlichem Eigentum, Beschäftigung durch die öffentliche Hand forcieren. Das sind jene Themen, die für die KPÖ Graz essenziell sind.

Auch in der nächsten Legislaturperiode möchte Kahr das Wohnressort leiten. „Die Mitarbeiter im Wohnungsamt kennen mich mittlerweile, sie wissen, dass man sich vor Kommunisten nicht fürchten muss.“ Eine Koalition kommt für sie nicht infrage, sie rechnet ohnehin mit einer schwarz-roten nach der Wahl. „Von Kooperationen in Sachbereichen bin ich aber immer ein großer Fan gewesen.“

Doch ein wenig Klassenkampf

Im Programm der KPÖ finden sich die Einführung der 35-Stunden-Woche bei gleichem Lohn, die Abschaffung des Selbstbehaltes bei Krankenhaus-Aufenthalten sowie Gratis-Öffis für alle. Wer das beim Schuldenstand von 1,1 Milliarden Euro der Stadt bezahlen soll? „Die Menschen zahlen Millionen an Steuern. Würde man diese sinnvoller verteilen, wäre genug Geld da“, sagt Kahr. Am Ende klingt dann doch etwas Klassenkampf durch.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.11.2012)

2. November 2012