So will die KPÖ ins Parlament
Über Maßnahmen gegen explodierende Wohnkosten und Teuerung beim täglichen Einkauf, über Neutralität und Frieden und darüber, ob die Gehaltsobergrenze für die KPÖ auch im Nationalrat gelten würde, hat das Grazer Stadtblatt mit dem KPÖ- Spitzenkandidaten Tobias Schweiger und Bürgermeisterin Elke Kahr gesprochen.
Die Krise trifft viele Menschen, die sich die Miete und den täglichen Einkauf immer schwerer leisten können. Was will die KPÖ dagegen unternehmen?
Elke Kahr: 2022 haben wir in Graz die Erhöhung der Kanal- und Müllgebühren ausgesetzt, wir haben erreicht, dass die Jahreskarte Graz jetzt als Klimaticket Steiermark gilt. Wo es uns möglich ist, bei den städtischen Wohnungen, haben wir die Mietpreiserhöhung auf zwei Prozent begrenzt, während die Bundesregierung es zugelassen hat, dass die Mieten noch einmal um 8,6 Prozent nach oben schnellen. Gerade bei diesen Fragen wäre die KPÖ im Nationalrat eine verlässliche Stimme.
Tobias Schweiger: Vieles kann nur im Nationalrat beschlossen werden. Wie lange wird jetzt schon über den Mietendeckel gesprochen? Die Bundesregierung schiebt ihn vor sich her und möchte die Menschen mit Zuschüssen und Einmalzahlungen abspeisen. Das ist aber auf der einen Seite ein Tropfen auf den heißen Stein, auf der anderen Seite eine Profit-Garantie für Immobilienkonzerne.
In keinem anderen EU-Land sind die Mieten in den vergangenen Jahren so stark gestiegen wie in Österreich. Was wollen Sie dagegen machen?
Elke Kahr: Dass immer mehr Mieterinnen und Mieter von staatlichen Hilfen abhängig werden, ist eine besorgniserregende Entwicklung. Die ständige Unsicherheit, ob die Wohnung in ein paar Monaten noch bezahlbar ist, ist unzumutbar. Bereits seit Jahrzehnten sind die Wohn- kosten in Österreich der größte Preistreiber. Die Löhne und Gehälter haben sich bei weitem nicht im selben Ausmaß erhöht.
Tobias Schweiger: Die Preise für Fernwärme oder Gas können auch wieder sinken, aber wenn die Miete einmal angehoben ist, ist das praktisch in Stein gemeißelt. Darum wären direkte staatliche Eingriffe nötig. 92 Prozent der Menschen in Österreich befürworten staatliche Eingriff e bei den Wohnkosten, 72 Prozent sind für Mietzinsobergrenzen. Von allen Parteien setzt sich aber nur die KPÖ seit vielen Jahren dafür ein.
Erfolge
Die KPÖ erlebt derzeit einen Aufstieg. In Graz stellt sie die Bürgermeisterin und in Salzburg ist sie zuletzt mit sensationellen 11 Prozent in den Landtag eingezogen. Lassen sich diese Erfolge bundesweit fortsetzen?
Tobias Schweiger: Der beste Wahlkampf ist das, was wir jeden Tag machen. Die KPÖ ist an vielen Orten für die Leute da, hilft ganz konkret bei Problemen im Alltag. Keine Sorge, kein Anliegen ist zu gering. Das zeigt vielen, dass wir anders sind als die anderen.
Elke Kahr: Die KPÖ ist eine nützliche Partei für die Menschen. Wenn wir in Gemeinden und im Land vertreten sind, können die anderen Parteien nicht mehr ungestört machen, was sie wollen. Das sollte auch im Bund so sein. Die arbeitenden Menschen brauchen im Parlament eine glaubwürdige Kraft, die an ihrer Seite steht.
Frieden und Neutralität
Die KPÖ betont auch immer wieder die Wichtigkeit der Neutralität. Warum?
Elke Kahr: Wir stehen zur Neutralität und mit uns die große Mehrheit der Bevölkerung. Sie ist ein hohes Gut und schützt uns davor, dass unsere Söhne und Töchter in den Krieg ziehen müssen. Erst kürzlich hat Österreich in der UNO-Generalversammlung als einer von nur 14 Staaten weltweit gegen eine Resolution gestimmt, die eine sofortige humanitäre Waffenruhe und humanitäre Hilfe für Gaza fordert. Das Suchen nach friedlichen Lösungen muss wieder im Mittelpunkt stehen. Jede Initiative zum Schutz der Zivilbevölkerung ist zu unterstützen. Natürlich verurteilen wir die abscheulichen Terrorangriffe der Hamas auf das Schärfste. Aber es darf nicht sein, dass die gesamte Bevölkerung im Gazastreifen – 2,3 Millionen Menschen, davon fast die Hälfte Kinder – dafür kollektiv bestraft wird. Wir dürfen nicht wegschauen, wenn ihnen der Zugang zu Nahrung, Wasser, Medikamenten und Elektrizität abgeschnitten wird. Die Trauer der Mütter über ihre Kinder findet auf beiden Seiten der Frontlinien statt.
Tobias Schweiger: In all den fürchterlichen Konflikten, die es derzeit auf der Welt gibt, ist nicht die Frage, auf welche Seite des Sterbens man sich stellt. Österreich hat eine lange und gute Tradition aktiver Neutralitätspolitik und hat sehr oft dazu beigetragen, Krisensituationen zu entschärfen, mit der Kriegslogik zu brechen und Konfliktparteien dazu zu bringen, nach einer friedlichen Lösung zu suchen. Die immerwährende Neutralität bedeutet nicht, dass man sich aus der Welt zurückzieht, sondern, dass man sich aktiv auf die Seite von Menschlichkeit stellt.
Warum KPÖ wählen?
Die KPÖ nimmt jetzt Kurs auf die Nationalratswahl. Den Startschuss dazu hat das erste Mal nach 20 Jahren eine gemeinsame Konferenz in Graz gegeben.
Elke Kahr: Es war ein schönes Erlebnis zu sehen, wie viele Menschen, darunter viele junge, daran arbeiten, bei den wichtigen Themen – Mieten und Wohnen, Teuerung und Wirtschaftskrise, Pflege und Gesundheit, Frieden und Neutralität, Klima und Ökologie sowie Bildung – Vorschläge zu erarbeiten, mit denen für die Bevölkerung vieles verbessert werden kann. Mit Tobias Schweiger und Bettina Prochaska setzen wir jetzt auf Bundesebene fort, was wir in Gemeinden und Ländern schon jahrelang machen. Sie stehen beide mitten im Leben und wissen, wovon sie reden. Sie kennen die Sorgen und Nöte. Ich bin guten Mutes.
Tobias Schweiger: Es gibt derzeit kein soziales Gewissen im Parlament. Es geht den etablierten Parteien um das Wechseln von politischem Kleingeld, um Posten und Privilegien. Die entscheidende Frage ist aber: Ist das, was ich tue, morgen für jemanden nützlich und führt es dazu, dass Menschen wieder ei ne bessere Zukunft bekommen.
Warum sollte man die KPÖ auch auf Bundesebene wählen?
Elke Kahr: Wir fühlen uns nicht als etwas Besseres, wir zeigen Mitgefühl für die Menschen und treten glaubwürdig für jene ein, die schon lange von den anderen Parteien vergessen werden.
Tobias Schweiger: Die KPÖ ist dort, wo es sie gibt, eine im Alltag nützliche Partei. Das kann das Angebot von kostenlosem Essen in der Nachbarschaft wie bei der KPÖ in Wien-Ottakring sein oder die Sprechstunden und Sozialberatungen, die die KPÖ in vielen Orten anbietet. Wir sind nicht nur in Wah kämpfen, sondern immer im Austausch mit der Bevölkerung. Darum wissen wir, was nötig ist, um das Leben der Menschen zu verbessern.
Gesetzt den Fall, die KPÖ zieht in den Nationalrat ein: Wird es dort auch eine Gehaltsobergrenze geben?
Tobias Schweiger: Selbstverständlich. Kommunisten und Kommunistinnen würden auch im Parlament nicht mehr als ein durchschnittliches Facharbeitergehalt für sich behalten und – wie in Graz, der Steiermark oder Salzburg – mit dem Großteil der Politgehälter Menschen in Notlagen unterstützen.
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Veröffentlicht: 25. Januar 2024