Budgetrede Uli Taberhofer
Debattenbeitrag zur
Budgetsitzung des Grazer
Gemeinderats
Von Gemeinderätin Mag.a Ulrike Taberhofer
Debattenbeitrag 13. 12. 2004
„Wir leben über unsere Verhältnisse, die Ansprüche müssen
zurückgeschraubt werden, sparen, sparen, sparen ist angesagt“
– so denken viele, so lesen wir es tagtäglich in den
Zeitungen. Vielfach bekommen wir zu hören, dass kaum ein Spielraum
zur Gestaltung und Umsetzung kommunalpolitischer Aufgaben gegeben
ist. Vor einem solchen Diskussionshintergrund stellt sich –
abgesehen davon, wo die Ursachen für diese aktuellen Finanzprobleme
liegen – die Frage, welche politischen Bereiche unabdingbar
von der öffentlichen Hand finanziert werden müssen, um das Leben
der Menschen in unserer Stadt verbessern und absichern zu
können.
Ein wesentlicher Schwerpunkt ist für mich die Sozialpolitik und
hervorheben möchte ich insbesondere die Situation der Frauen in
unserer Stadt.
Wir wissen, dass in unserer Gesellschaft
Geschlechtergerechtigkeit und Chancengleichheit in allen Bereichen
für Männer und Frauen nicht gegeben ist. Die Tatsache, dass Frauen
im Beruf benachteiligt, immer mehr in prekäre Arbeitsverhältnisse
gedrängt werden und viel weniger verdienen als Männer, dass noch
immer die althergebrachte Rollenverteilung zwischen Mann und Frau
Gültigkeit hat und dass Frauen von Armut im Alter durch ein
frauenfeindliches Pensionssystem benachteiligt werden und so eher
von Altersarmut betroffen sind, stellt für die Kommunalpolitik eine
große Herausforderung dar, Maßnahmen zur Verbesserung der
Lebenssituation von Frauen in ihrem Wirkungskreis umzusetzen.
Unterstreichen kann man diese Erfordernisse noch durch aktuelle
Zahlen. 13% der weiblichen Bevölkerung (536.000 Frauen) sind in
Österreich armutsgefährdet und ca. 200.000 Frauen leben in akuter
Armut. Auf die Steiermark bezogen, wurden 29.400 Frauen errechnet,
die von akuter Armut betroffen sind. 14.170 Frauen sind zur Zeit
ohne Arbeit. Der Arbeitslosenanteil liegt um 1,2% höher als bei
Männern. Alleinerzieherinnen, Frauen kinderreicher Familien und
Pensionistinnen sind besonders darauf angewiesen, dass sich die
politischen Rahmenbedingungen in ihrem Interesse verändern, dass
wir als Stadt zur Verbesserung ihrer Lebenssituation
beitragen.
Anlaufstelle innerhalb des Magistrats ist das Frauenreferat und
einen wichtigen Stellenwert nimmt die Frauenbeauftragte ein. Die
finanziellen und personellen Mittel sind jedoch keineswegs
ausreichend.
Hervorheben möchte ich die Vielzahl von Frauenvereinen und
–initiativen, die das Leben in der Stadt entscheidend
mitprägen und durch ihre Arbeit zu einer Verbesserung der
Lebensqualität beitragen. Dazu gehören diverse Beratungsstellen und
Anlaufstellen für Hilfesuchende, Selbsthilfegruppen und
Einrichtungen, die im Bildungsbereich Angebote setzen. Diese
konkrete Frauenarbeit ist jedoch abhängig von öffentlichen Mitteln
und insbesondere auch von Förderungen durch die Stadt. Die
unsichere Finanzlage, ob Gelder bewilligt, gekürzt oder gestrichen
werden und die zermürbende Prozedur von immer wieder neu zu
stellenden Projektanträgen führt dazu, dass insbesondere kleinere
Initiativen darin gefährdet sind, ihr Basisangebot aufrechterhalten
zu können. Die Stadt muss somit auch auf Perspektive ein
verlässlicher Partner sein. Es bedarf daher längerfristig gesehen
einer finanziellen Absicherung der Fraueninitiativen bei
gleichzeitiger Beibehaltung der Autonomie.
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Eine wichtige Aufgabe kommt der Stadt auch darin zu,
Verbesserungen im Bereich der Vereinbarkeit von Beruf und Familie
für Frauen zu ermöglichen. Dazu zählen
Ganztagsbetreuungsmöglichkeiten für Kinder jeden Alters in allen
Stadtteilen. Auch wenn es im Kindergartenalter viele Plätze gibt,
erscheint eine Ausweitung des Angebotes im Kinderkrippen-, aber
auch im Hortbereich erforderlich. Das vor allem weiterhin zu sozial
erschwinglichen Tarifen mit kleinen Gruppen, guter pädagogischer
Betreuung und Förderung individueller Neigungen durch ein
entsprechendes Angebot für kreative und sportliche Betätigungen für
die Kinder. Es bedarf auch ein Mehr an Hilfestellungen für
alleinerziehende Frauen und alleinstehende Pensionistinnen.
Eine konkrete Forderung, die von unserer Fraktion schon seit
längerer Zeit erhoben wird und vor allem auch den Frauen zugute
kommen kann, möchte ich hervorstreichen – die Einführung des
Sozialpasses für Menschen mit geringem Einkommen oder Bezügen. Er
ist als Lichtbildausweis gedacht, der Behördenwege reduzieren soll.
Er garantiert den Bezug des Heizkostenzuschusses, sowie die
Befreiung vom Grundpreis bei Gas, Strom und Fernwärme, er soll den
Nulltarif für die Grazer Verkehrsbetriebe und freien Eintritt für
öffentliche bzw. öffentlich subventionierte Kultur-, Sport- und
Bildungseinrichtungen ermöglichen.
Diese hier skizzierten Aufgaben im sozialpolitischen Bereich sind
nur ein Bruchteil dessen, was wir als Stadt zu erfüllen
haben.
Wichtig ist es, auch vor dem Hintergrund des Budgetdefizits soziale
Verbesserungen für die Menschen in unserer Stadt zu setzen. Das mag
für Einige als illusorisch, nicht realisierbar erscheinen, aber
nicht Ratlosigkeit und Resignation sollen das politische Handeln
bestimmen, sondern das Setzen politischer Prioritäten. Das
bedeutet, dass die angekündigten Sparmaßnahmen nicht zu Lasten der
Sozialausgaben gehen dürfen. Denn die Menschen in unserer Stadt
müssen bereits jetzt vielfache Belastungen tragen und so manche
geplante Gebührenerhöhung und Kürzungen im Sozialbereich würden
diese Situation noch weiter verschlechtern.
Zum Abschluß komme ich auf die eingangs formulierte Bemerkung
zurück: „Wieviel Spielraum bleibt uns in der Stadt?“
Fazit der derzeitigen Politik ist, dass die aktuelle Zerrüttung der
öffentlichen Finanzen maßgeblich das Ergebnis einer bewussten, auf
neoliberalem Gedankengut basierenden Steuersenkungspolitik ist, mit
dem Ziel, den öffentlichen Sektor zugunsten der Privatwirtschaft
zurückzudrängen. Der Spielraum lässt sich verändern und zwar unter
der Voraussetzung, dass die Haltung „keine Mehrbelastung für
die Wirtschaft“ und „keine Mehrbelastung für den
Bund“ durchbrochen wird. Denn die drängenden Zukunftsaufgaben
der Stadt – wie z.B. Sicherstellung der Daseinsvorsorge,
soziale Sicherheit oder Chancengleichheit für Frauen lassen sich
bewältigen, wenn die staatlichen aber auch kommunalpolitischen
Einnahmen Teil unseres Budgets sind.
Mehr Geld für die Kommunen ist eine wesentliche Grundlage für
kommunalpolitisches Handeln im Interesse vieler Menschen in unserer
Stadt.
Veröffentlicht: 16. Dezember 2004