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Budgetrede von Klubobfrau Ina Bergmann

Es ist nicht alles Gold, was glänzen will - konkrete Kritik

Klubobfrau Ina Bergmann

Es ist nicht alles Gold, was glänzen will

Generalrede in der Budgetdebatte des Grazer Gemeinderates, 12. 12. 2011

Finanzkrise, Staatsverschuldung, Rettungsschirm, Stresstest, Rating-Agenturen, Herabstufung der Kreditwürdigkeit und nicht zuletzt Schuldenbremse. Das sind nur einige Schlagwörter mit denen wir alle seit Monaten täglich konfrontiert werden.
Den Bürgern und Bürgerinnen in Europa, allen voran den Griechen und jetzt auch uns Österreichern wird permanent ein schlechtes Gewissen eingeredet, dass wir alle über Jahrzehnte über unsere Verhältnisse gelebt hätten und jetzt die Rechnung zahlen müssten. Der Ausverkauf von öffentlichen Eigentum und eine enorme Einsparung bei den Staatsausgaben sollen nun den Euro und somit die Bankenwelt wieder ins Lot bringen. Laut EU Bankenaufsicht fehlen den europäischen Großbanken insgesamt 114,7 Mrd. Euro und die müssen im nächsten Jahr aufgebracht werden. Österreichischen Banken fehlen 3,9 Mrd. Euro laut Bankenaufsicht.
Wir alle wissen, wer diese enorme Summe aufbringen wird müssen. Nicht umsonst wird uns allen eine Schuldenbremse aufgehalst – und unser Herr Außenminister verlangt lautstark hohe Geldstrafen von Seite der EU für Sünderstaaten.
Die Frage ist nur: Haben die kleinen Steuerzahler, welche jetzt die Zeche zahlen müssen, diese Misere verursacht oder haben Spekulanten der Finanzwelt sowie verantwortungslose Politiker dafür die Verantwortung zu tragen?
Den ersten Vorgeschmack auf das, was kommt, haben viele Grazer BürgerInnen bereits dieses Jahr gespürt, nachdem das Land Steiermark vor allem im Gesundheitsbereich, bei der Wohnbeihilfe, der Mindestsicherung und bei den Behinderten drastische Einschränkungen durchgezogen hat. Die Auswirkungen werden viele Menschen erst im nächsten Jahr in ihren Geldtaschen richtig spüren.
Von Seiten der Bundesregierung wird der Ball der Einsparungen elegant nach unten gespielt. Immer mehr Aufgaben wandern seit Jahren in den Aufgabenbereich der Gemeinden und die finanziellen Mittel bleiben auf der Strecke.

Wenn vor allem die ÖVP sagt „Keine neuen Steuern“. Dann meint sie vor allem Steuern bei den vermögenden Österreichern und den internationalen Konzernen. Den Beitrag zur Schuldenbremse soll lieber die breite Masse der kleinen Steuerzahler leisten. Während die Zahl der Millionäre in Österreich ansteigt und die Manager wieder große Gehaltssprünge nach oben haben, spart man bei denen, die ohnehin nicht viel haben.

Nun zum Budget der Stadt Graz.
Die Stadt Graz befindet sich seit vielen Jahren in einem finanziellen Dilemma.
Zuerst dachte man, das Budget mit Auslagerungen aller städtischen Liegenschaften in die GBG und mit Kreditaufnahmen, in den Griff zu bekommen. Heute nach fast 10 Jahren und der Ausgliederung (bzw. des Verkaufs an Banken), des gesamten Liegenschaftsvermögens, sowie der Ausräumung fast aller möglichen Rücklagen müssen wir feststellen, das die Budgetsanierung noch immer nicht abgehakt werden kann. Nun verlagert und verkauft man bereits Bestands- und Baurechte.
Der nächste Schritt, um – wie gesagt wird - einer Budgetsanierung näher zu kommen, war die größte Umstrukturierung in der Geschichte der Stadt Graz im Jahr 2010 – die Geburt des

Hauses Graz .

Jährliche Einsparungen von ca. 8 Millionen Euro erwartet man sich durch Abschaffung von Doppelgleisigkeiten, Steuerersparnis, Personaleinsparungen und weniger Verwaltungsaufwand – so die Argumentation von Schwarz/Grün.
Was hat für uns das Haus Graz bisher gebracht?
In der Haushaltsanalyse für das Jahr 2012 können wir sehen, dass das Budgetvolumen der Ordentlichen Gebarung (OG) wieder im Steigen ist und mit 871 Mill. Euro den bisherigen Höchststand erreicht hat.
Weiters ist auch zu lesen, dass der Verwaltungs- und Betriebsaufwand in den Laufenden Ausgaben der OG von 331,7 Mill. im Jahr 2010 auf 363,5 Mill. im Budget für 2012 – also um 32 Mill. gestiegen ist. Wie ist das mit den versprochenen Einsparungen zu vereinbaren? Darauf möchte ich schon eine Antwort bzw. eine Erklärung für den gestiegenen Aufwand haben.
Die Personalkosten sind von 2010 auf 2012 um 10,7 Mill. Euro gesunken.
Wahrscheinlich liegt das an der veränderten Darstellung der Zahlen. Trotzdem ist aber schon die Frage zulässig, wie das möglich gemacht wurde.
Trotz Haus Graz muss auch die OG 2012 mit Rücklagenentnahmen und einem neuerlichen Immobilienpaket ausgeglichen werden. Wenn man das berücksichtigt, klafft im Ordentlichen Haushalt auch im Jahr 2012 noch immer ein schönes Loch. Die Erzählung von den Schwarzen Zahlen, die Graz schreiben würde, hört sich für die Werbung gut an, sie ist aber nicht ganz wirklichkeitsnah.
Gleichzeitig ist das Einsparpotenzial der einzelnen Abteilungen ziemlich ausgereizt. Viele von ihnen können Ihren Stand nur mehr durch Sparbuchentnahmen aufrechterhalten – diese werden aber immer weniger. Weitere Einsparungen in diesem Bereich bedeuten auf alle Fälle weniger Leistungen für den/die Bürger/Innen.

Personalbewirtschaftung
Dieses Wort, welches wegen des Untertones an sich schon abgeschafft gehört, zeigt, welchen Stellenwert unsere Mitarbeiter/Innen im öffentlichen Dienst für die Politik haben. Sie schaffen in erster Linie den Mehrwert für die Bevölkerung und arbeiten täglich für diese. Die Politik sieht jedoch in diesen Menschen nur mehr einen Ausgabenposten, der so klein wie möglich gehalten werden soll.
Egal ob im Bund, Land oder in der Stadt reden verantwortliche Politiker ständig von der Sicherung der Arbeitsplätze.
Leider ist die öffentliche Hand einer der größten Arbeitsplatzvernichter in Österreich, jammert dann über die steigenden Sozialausgaben und erklärt den Menschen sie würden über Ihre Verhältnisse leben. Die Stadt Graz sollte eigentlich ein Vorbild sein, zeigt sich aber in den letzten Jahren immer mehr als Lohndrücker und Ausbeuter der Beschäftigten. Durch Stellenabbau, der auch durch das Nichtnachbesetzen von Dienststellen – immerhin
sollen bis 2015 500 Dienstposten eingespart werden - forciert wird, entsteht immer mehr Arbeits- und Leistungsdruck auf die restlichen Mitarbeiter/Innen. Wie hier die Ziele ( z.B. motivierte, freundliche Mitarbeiter mit Bereitschaft zu Eigenverantwortung ) welche so schön in den Serviceverträgen mit der Holding angeführt sind, erreicht werden können, lässt sich eher bezweifeln. Viele Beschäftigte im öffentlichen Dienst sind heute ernsthaft Burn-Out gefährdet.
Weiters steuert die Stadt Graz durch die Ausgliederungen an die Holding und an die GBG immer mehr einem 3 Klassen Lohnsystem entgegen. Dieses System ist entschieden abzulehnen. Da hilft auch der Grünen nach einem Lohnplus von 50 Euro für jeden nur wenig.

Mehr statt weniger Bürokratie
Eine weitere Erfahrung mit dem Haus Graz zeigt die zunehmende Bürokratie bei einfachen Vorgängen. War vieles früher mit einem Anruf erledigt, müssen jetzt aufwendig viele Formulare die Runde machen sowie gegenseitige Auftrags und Kostenrechnungen erstellt werden. Ein ausgeklügeltes Berichtswesen und Controlling musste neu geschaffen werden, um jetzt die Informationen von Holding und GBG zu bekommen, die früher in allen zuständigen Abteilungen vorhanden waren. Verträge müssen ständig kontrolliert und verändert werden, damit man noch den Überblick bewahren kann. Lange Wartezeiten bei Services innerhalb des Haus Graz gehören jetzt zum Alltag.

Gebühren von Abfall und Kanal sowie Marktgebühren

werden in Zukunft den Gemeinderat nicht mehr beschäftigen. Mit den heutigen Beschlüssen zu den Gebührenverordnungen für Abfall und Kanal werden diese wie wir es ja schon vom Wasser kennen, ausschließlich in der Holding bestimmt und automatisch um die Inflationsrate angehoben. Gleichzeitig besteht auch die Gefahr, dass in Zukunft viele Leistungen in diesen Bereichen ebenfalls den Sparstift zu Opfer fallen. Immerhin muss dieses Geschäft für die Holding in Zukunft rentabel sein, damit auch in Zukunft die Stadt ordentliche Gewinnentnahmen tätigen kann. Auf der Strecke bleiben wie immer die kleinen Leute und der Mittelstand. Für diese gibt es keine automatische Erhöhung ihrer Einkommen in Höhe der Inflationsrate sondern realen Einkommensverlust, der viel höher ist. Bei den öffentlich Bediensteten der Stadt verordnet man eine Nulllohnrunde, bei den Gebühren ist eine „Wertanpassung“ unabdingbar.

Mehr Einblick und Mitbestimmung für den Gemeinderat
in die städtischen Beteiligungen – in erster Linie in die Holdung und GBG – wurde beim Beschluss zum Haus Graz versprochen und groß getönt.
Was ist daraus geworden? Der Beteiligungsausschuss ist ein reines Alibigebilde und dient kaum der Information, ist für viele GR von ÖVP und Grünen eher lästig und ein zusätzlicher Termin.
Die Wirtschaftspläne von Holding und GBG – die ja auch Beschlussinhalt des heutigen Budget sind – wurden bis heute nicht im Beteiligungsausschuss vorgestellt. Nur die Servicevereinbarungen haben wir zu Gesicht bekommen. Wobei auch hier ein wesentlicher Vertrag fehlt. Der Verkehrsdienstleistungsvertrag war für die Nichtkoalitionsparteien genau einmal und zwar bei der ersten Beschlussfassung zu sehen. Inzwischen haben wir fast bei jeder Gemeinderatssitzung Stücke zur Erweiterung dieses Vertrages beschlossen. Enorme Investitionen beim öffentlichen Verkehr stehen ins Haus, aber der Gemeinderat hat keinen Überblick mehr. Ich hoffe nur, dass wenigstens die Verantwortlichen noch wissen, was in den enormen Investitionsbeträgen zum Verkehr alles enthalten ist.
Die Kontrollrechte aller im GR vertretenen Parteien gibt es schlicht nicht mehr.
Die Frage „Was gibt es hier zu verbergen?“ drängt sich für alle Nicht-Koalitionsparteien förmlich auf.

Schuldenbremse
ein Wort in aller Munde - fast träumt man schon davon – so oft wird es gepredigt.
Wenn wir uns die Schulden der Stadt Graz ansehen und vor allem unser neuerliches AOG Budget dann muss man ungläubig werden.
Wie wird die Stadt in den nächsten Jahren und Jahrzehnten diese Schulden bewältigen? Vor allem, wenn wir die Schuldscheindarlehen, welche in den letzten 2 Gemeinderatsitzungen beschlossen wurden, ansieht. Endfälligkeiten in 10 Jahren und keine wirklichen Antworten, wie diese zurückbezahlt werden sollen, gab es im Finanzausschuss. Stadtrat Rüsch hat in seiner Vorstellung des Budgets jetzt gesagt, dass eine Tilgungsrücklage eingeführt wird. Die Frage ist nur: Wann?
Wann wird im Gemeinderat der nächste Beschluss für die Aufnahme von solchen Darlehen vorgelegt werden? Bei den enormen Investitionen, welche die Stadt vorhat, wird das nicht lange dauern.
Gegen Investitionen in Schulen, Wohnbau und öffentlichen Verkehr ist nichts einzuwenden; gehen die Investitionen jedoch ins Uferlose, so kann es fatal enden. Es wird aber auch dort viel Geld ausgegeben, wo es nicht unbedingt notwendig ist.
Wir erwarten uns Antworten, wie man diese Investitionen in Zukunft bezahlen wird?
Wir sehen nämlich die ernsthafte Gefahr, dass es, wenn es hart auf hart kommt, in vielen Bereichen zu tatsächlichen Privatisierungen kommen wird oder die uns unbekannten Investoren ein gewichtiges Wort in der Stadt mitreden werden.

Soziales
Der Anstieg der Sozialausgaben ist in erster Linie mit Pflichtausgaben verbunden. Das bedeutet, dass immer mehr Menschen in Graz von Leistungen durch die öffentliche Hand abhängig sind. Nicht die Stadt Graz ist so sozial eingestellt, sondern immer mehr Menschen fallen durch den Rost unserer Gesellschaft und sind trotz Erwerbstätigkeit oftmals armutsgefährdet. Immer mehr Menschen können mit Ihrem Einkommen nicht mehr auskommen.
Daher ist die Stadt durchaus verpflichtet, wo es möglich ist dagegen zu wirken und auch diesen Grazer/Innen Lebensqualität zu bieten. Diese fängt bei den Grundbedürfnissen wie z.B. einer leistbare Wohnversorgung an.
Die Einführung eines umfangreichen Sozialpasses für Menschen mit niedrigem Einkommen ist eine Möglichkeit, um der Verarmung der Bevölkerung entgegenzuwirken.
Die KPÖ ist eine Partei, die sich in erster Linie für jene Menschen stark macht die keine Lobby und kein Vermögen hinter sich haben, die jedoch immer und überall zur Kasse gebeten werden. In diesem Sinne können und werden wir diesem Budget, außer dem Budget für Wohnen unserer Stadträtin Elke Kahr, nicht unsere Zustimmung geben.
Zum Abschluss will ich die Gelegenheit wahrnehmen und allen Mitarbeiter/Innen in den Ämtern und im Stadtrechnungshof für ihre Arbeit herzlich danken.

Veröffentlicht: 12. Dezember 2011

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