"Die Partei muss einen Gebrauchswert für die Bevölkerung haben"
Grazer KPÖ aus der Sicht von DKP-Kommunalpolitikern (Bochum)
Die Partei muss einen Gebrauchswert für die Bevölkerung haben
Bochumer Kommunalpolitiker informierten sich über die Kommunalpolitik der KPÖ-Graz in der steierische Hauptstadt
Eine dreiköpfige Gruppe der Sozialen Liste Bochum, darunter auch der Vorsitzende der DKP-Bochum, Eberhard Eick, besuchte in der letzten Märzwoche die österreichische Stadt Graz, um die dortige überaus erfolgreiche Kommunalpolitik zu studieren und Möglichkeiten zum Erfahrungsaustausch zu nutzen. Die Reise erfolgte auf Einladung der KPÖ-Graz, die mit 20 Prozent Wählerstimmen die zweitstärkste Fraktion im Gemeinderat ist.
Die Mitglieder der Sozialen Liste wurden vom Grazer Bürgermeister Siegfried Nagl (ÖVP) begrüßt und nahmen an einer Ratssitzung teil. Der Information und dem Erfahrungsaustausch über die Kommunalpolitik und deren Verbindung mit der Landespolitik waren zahlreiche Zusammenkünfte gewidmet. Unter anderem mit den zehn Gemeinderäten der KPÖ-Graz, der Wohnungsbau-Stadträtin Elke Kahr (KPÖ), der Landtagsabgeordneten Claudia Klimt-Weitthaler sowie mit Franz Parteder und Ernst Kaltenegger, die schon vor vielen Jahren den Grundstein für die erfolgreiche Politik der KPÖ in Graz legten.
Groß geworden ist die Grazer KPÖ mit ihrer Politik für die „kleinen Leute“. Vor allem die Hilfe bei Problemen mit der Mietwohnung (oft gemeindeeigene Wohnungen), der drohenden Zwangsräumung, den hohen Nebenkosten, dem behinderten und altengerechten Umbau spielt bis heute eine große Rolle. Die MandatsträgerInnen gründeten auch einen eigenen Sozialfond aus dem Hilfen in Notlagen finanziert werden. Legendär bis heute ist der Mieternotruf, den Ernst Kaltenegger einführte.
Über diesen Weg gelang es der KPÖ sich in Graz zu verstärken. 1998, nach einem großen Wahlerfolg, wurde Kaltenegger erstmals Wohnbaustadtrat und verantwortlich für das Wohnungsamt der Stadt Graz. 2005 konnte Elke Kahr das Amt von Kaltenegger übernehmen, der Landtagsabgeordneter geworden war. Bei unserem Besuch fiel uns auf, dass vor dem Büro der Stadträtin Elke Kahr eine weiße Bank steht, auf der eine alte Frau saß. Also musste unser Gespräch warten, erst wurde der Frau geholfen. Eine typische Szene während unseres Besuches. Ebenso typisch waren für uns die Plakate, die wir im Stadtbild sahen und die Sprechstunden von Elke zu Wohnungsfragen in der Universität ankündigten.
Mehrfach hörten wir die Meinung, dass die Partei einen Gebrauchswert für die Bevölkerung haben muss. Interessant war es auch zu sehen, welche Zusammenhänge es zwischen der Sozialstruktur und den (Wahl-) Erfolgen der KPÖ gibt. Aktuell wurde das auch bei den, außerhalb von Graz, stattgefundenen Gemeinderatswahlen Mitte März deutlich. Zum Teil hohe Stimmenzuwächse gab es in den Gemeinden, die vom Bergbau und der Eisenindustrie geprägt wurden. So in Karpfenberg, Leoben, Eisenerz und Knittelfeld. Insgesamt erzielte die KPÖ 38 kommunale Mandate in den steierischen Gemeinden.
Überrascht waren wir, wie viele junge Menschen in der KPÖ und ihrem Umfeld tätig sind. So nahmen wir teil an einer Veranstaltung des KSV zur Entwicklung in Griechenland. Über die Zusammenarbeit in Sachen Ferienfahrten für Kinder konnten wir mit Vertretern der Organisation Kinderland sprechen. Auch ein Treffen und Erfahrungsaustausch mit Betriebsräten und Funktionären des Gewerkschaftlichen Linksblocks fand satt. Hierbei interessierten sich die Gastgeber in besonderer Weise für den Kampf der OpelBelegschaft und die Folgen der Schließung des Opel-Werkes für die Stadt Bochum. Vor einigen Jahren war der steierische Magna-Konzern als Kaufinteressent für Opel in Erscheinung getreten. Die Teilnahme an der Veranstaltung zum kurdischen Neujahrsfest (Newroz) und an der Grazer Anti-Pegida-Demonstration am Sonntag (29. März) gab der Delegationsreise auch einen starken Bezug zur internationalen Solidarität. An der Gedenktafel für die Opfer des Faschismus gegenüber der früheren Grazer Gestapozentrale legte die Gruppe aus Bochum ein Blumengebinde nieder.
Alles in allem eine interessante und sehr lehrreiche Reise die uns einen großen Auftrieb für die Arbeit in Bochum und im Ruhrgebiet gegeben hat. Unser Dank gilt den Gastgebern von der Grazer KPÖ für das Engagement, die Aufmerksamkeit, Offenheit und Wärme die wir in den Märztagen erfahren durften.
Von Günter Gleising
Übernommen von UZ, Zeitung der DKP, Nr.16/2015
Veröffentlicht: 20. April 2015