Archivierte Artikel: Die enthaltenen Informationen sind möglicherweise veraltet.

"Eine Abzocke der Armen"

Elke Kahr kritisiert Zustände in einigen Beherbergungsbetrieben

Eine Abzocke der Armen"
350 Euro für 25 Quadratmeter Wohnfläche - und das kalt. KPÖ-Chefin Elke Kahr sind Beherbergungsbetriebe, die solche Preise verlangen, ein Dorn im Auge. Ein Rechtsverfahren läuft.

Drogenabhängige, Bettler, Schwarzarbeiter, Arbeitslose - der unscheinbare Beherbergungsbetrieb in der Vinzenz-Muchitsch-Straße versammelt die sozial Schwächsten der Gesellschaft. Und es ist paradox: Für die kleinen, abgewohnten Zimmer werden hier Quadratmeterpreise wie in bester Innenstadtlage verlangt - und bezahlt.

KPÖ-Wohnungsstadträtin Elke Kahr möchte diesem Treiben nun ein Ende bereiten. "Es gibt ja mehrere solcher Betriebe in Graz. Das weiß man als Außenstehender gar nicht." Sie hat mithilfe der Mietervereinigung und einem Betroffenen nun ein Rechtsverfahren eingeleitet.

Herr K. zahlt für seine 25 Quadratmeter, die er seit 2006 bewohnt, 350 Euro - zuzüglich 40 Euro als Pauschale für die Heizung plus 72 Euro für den Strom. Macht unterm Strich 462 Euro pro Monat. Dazu war beim Einzug eine Kaution von 350 Euro fällig. "Aber diese Leute", sagt KPÖ-Wohnungsstadträtin Elke Kahr, "kommen am normalen Markt nicht unter." Sie sind auf diese Zimmer angewiesen.

Kahr schimpft über diese "Abzocke der Armen. Das ist Geschäftemacherei mit den Ärmsten der Gesellschaft." Neben den "horrenden Preisen" ist auch die rechtliche Vorgehensweise der Betreiber umstritten: Handelt es sich um Miete oder Beherbergung? Der Unterschied: Bei einem Mietverhältnis hätten die Bewohner deutlich mehr Rechte und Anspruch auf einen Mietzuschuss. So sind sie jederzeit kündbar und haben keinerlei Ansprüche. Dass Leute von heute auf morgen auf die Straße gesetzt werden, komme immer wieder vor. "Schloss ausgetauscht und fertig", erzählt Herr K., der 25 Jahre als Maler und Anstreicher gearbeitet hat, nun aber schon länger arbeitslos ist.

Für das Zimmer "habe ich mein Bett selbst mitbringen müssen und sogar eine kleine Küche eingebaut." Auch sonst gebe es keine zusätzlichen Serviceleistungen wie Zimmerreinigung, Frühstück oder Ähnliches, wie es in anderen Beherbergungsbetrieben oder Hotels üblich ist. Also doch ein klassisches Mietverhältnis?

Rechtsverfahren
"Wir haben daher über die Mietervereinigung ein Verfahren auf Mietzinsüberprüfung eingeleitet", sagt Elke Kahr. Das Ziel: Die Schlichtungsstelle soll zu der Erkenntnis kommen, dass es sich bei den Verträgen sehr wohl um ein Mietverhältnis handelt.

Das Ziel: Billigere Zimmer
Die Vorteile einer solchen Entscheidung für die Mieter laut Kahr: Der Mietzins müsste auf ein normales Niveau gedrückt, die Betriebskosten extra aufgeschlüsselt und nicht pauschal abgerechnet werden und die Betroffenen können sich auf das Mieterschutzgesetz berufen.

Die Betreiber des Beherbergungsbetriebes wollen von diesem Verfahren noch nichts wissen. "Aber aufgrund des offenbar laufenden Verfahrens können wir zu den Vorwürfen nichts sagen", sagt ein Verantwortlicher gegenüber der Kleinen Zeitung.

(Kleine Zeitung, Region Graz, 5. 6. 2010)

7. Juni 2010