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Elke Kahr: "Politiker verdienen zu viel"

Kleine Zeitung interviewt die Wohnungsstadträtin

„Politiker verdienen zu viel“

„Soziale Belange sind sexy“, sagt KPÖ-Spitzenkandidatin Elke Kahr. Weniger attraktiv findet sie die Partylaune bei FPÖ und Grünen, die neue Unberechenbarkeit der SPÖ – und die Betriebskosten ihrer Wohnung.

Ihrer Politik wird oft Visionslosigkeit vorgeworfen. Verstehen Sie diesen Vorwurf?

ELKE KAHR: Das sagen meist politische Gegner, die davon ablenken wollen, dass sie es nicht geschafft haben, ihre eigenen politischen Visionen umzusetzen. Wir nennen es nicht Visionen, aber wir setzen uns klare Ziele, die wir auch umsetzen können.

Welche Ziele waren das für die auslaufende Gemeinderatsperiode?

KAHR: Wir haben uns im Wohnungsressort zehn Punkte zum Ziel gesetzt: Vom Sonderwohnbauprogramm – 500 neue Wohnungen sind fertig oder auf Schiene – über die Sanierungen bis zum Kautionsfonds und der Siedlungsbetreuung. Wir haben alle zehn Aufgaben positiv erledigt. Bei der Matura hätten wir ein „Sehr gut“ bekommen.

Eigentlich sind das alles Hausaufgaben, die die Stadtpolitik machen muss. Was an echten Visionen macht die KPÖ so sexy, dass der Wähler sie jetzt wählen sollte?

KAHR: Gerade in der heutigen Zeit, wo alles vom Sparen redet und die Sozialausgaben gekürzt werden, ist es unheimlich sexy, genau auf die sozialen Belange zu schauen. Wir sind der Garant, dass die Mieten nicht erhöht wurden. Andere hätten die Leute zusätzlich belastet.

Sie wohnen in einer Mietwohnung. Zahlen Sie dafür zu viel?

KAHR: In jüngster Vergangenheit schon. Aber nicht bei den Fixkosten. Ich bekomme die Betriebskosten nicht in den Griff.

Ist die KPÖ ein Profiteur der Wirtschaftskrise und der Geldsorgen der Menschen?

KAHR: Das ist komplett falsch. Ich bin zur KPÖ gegangen, um dafür zu kämpfen, dass es den Leuten besser geht, nicht schlechter.

Sie spenden einen großen Teil Ihres Stadtratsalärs. Haben Sie ein schlechtes Gewissen, dass Sie so viel verdienen? KAHR: Ich hätte eines, wenn ich es behalten würde.

Verdienen Politiker zu viel?

KAHR: Das sehen wir schon so. Die Arbeit ist zwar manchmal anstrengend, aber das rechtfertigt die Höhe des Bezugs nicht.

Auf wie viel sollte der Bürgermeister verzichten?

KAHR: Es wäre ein schönes Zeichen, wenn er von sich aus auf ein Drittel verzichten würde.

Sehen Sie Ihr Wählerpotenzial hauptsächlich im Gemeindebau?

KAHR: Nein, das wäre der absolut falsche Weg, seine Arbeit nur danach auszurichten, Wähler zu gewinnen. Wir wissen, dass wir nicht alles lösen können – das wäre vermessen. Wir beschränken uns auf ein paar Bereiche, in denen wir Experten sind.

Auf der KPÖ-Liste sind viele junge Gesichter. Was reizt junge Menschen, bei der KPÖ mitzuarbeiten?

KAHR: Die Ehrlichkeit, Glaubwürdigkeit, Offenheit. Wir verbieten niemandem, mit eigenem Kopf zu denken. Obwohl wir keine Basisdemokratie praktizieren. Davon halte ich nämlich nichts.

Ihr Wahlziel ist das Halten des Regierungssitzes. Und sonst?

KAHR: Das wird ohnehin schwierig genug. Wir müssen ja Stimmen dazugewinnen. Das Wettrennen um Platzierungen bei der Wahl überlasse ich anderen Fraktionen. Inszenierungen, wie die Partys der Grünen oder der FPÖ, sind nicht unseres. Das ist ja alles ein Witz, eine Theaterbühne, die inszeniert wird, um von Dingen abzulenken, die man nicht gemacht hat.

Ganz spaßbefreit wird wohl auch Ihr Wahlkampf nicht ablaufen?

KAHR: Bei uns ist Spaß immer dabei. Ich halte nichts von verbissener Arbeit. Wir werden deshalb auch am Wahlabend feiern. Da hat unsere Gemeinderätin Gerti Schloffer Geburtstag. Grund genug zum Feiern, so oder so.

Sie betonen immer wieder, dass Sie das Sozialressort interessieren würde. Wenn Sie die Wahl zwischen Wohnungs- oder Sozialressort hätten . . .

KAHR: . . . würde ich mich für das Wohnungsressort entscheiden.

Können Sie sich nach der Wahl eine Beteiligung an einer Koalition vorstellen?

KAHR: Kaum. Die SPÖ etwa ist ja nach den vielen Wechseln noch unberechenbarer geworden. Da sehe ich nur Ankündigungen. Aber wir werden ohnehin nicht in die Verlegenheit kommen und gefragt werden.

Kleine Zeitung, Region Graz, 13. 10. 2012

Veröffentlicht: 19. Oktober 2012

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