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"Für die Bewohner greifbar sein"

Elke Kahr über ihre Arbeit im Wohnungsamt - Wirtschaftsnachrichten Süd

Stadträtin Elke Kahr, Amt für Wohnungsangelegenheiten, im Gespräch über die Gemeindewohnungen in Graz .

Frau Stadträtin, welche Auswirkungen hat die derzeitige Wirtschaftssituation auf die Bauwirtschaft?

In meinem Ressort bin ich für den sozialen Wohnbau und die Gemeindewohnungen zuständig. Wir vergeben die Wohnungen über das städtische Wohnungsamt und es gilt bestimmte Voraussetzungen zu erfüllen, um eine Gemeindewohnung zu erhalten. Vorab möchte ich anmerken, dass in Graz der Anteil an Gemeindewohnungen mit acht Prozent ohnehin zu gering bemessen ist. Trotz Kürzung der Wohnbaufördermittel durch das Land Steiermark sind wir bemüht, den Bau der Gemeindewohnungen auszuweiten. Die Wirtschaftskrise sehe ich auf jeden Fall als Ursache, dass die Nachfrage nach Gemeindewohnungen gestiegen ist. Dieser Umstand zieht sich durch alle sozialen Schichten und auch die Ansuchen aus der gesamten Steiermark hat sich erhöht, in der Hoffnung in Graz einen Arbeitsplatz zu finden. Durch die gestiegenen Lebenshaltungskosten hat sich die Grundhaltung zu Gemeindewohnungen verändert. Bisher haben wir Grundstücke für die Errichtung von 500 Wohnungen erworben. Die Hälfte davon werden bis Ende 2012 fertiggestellt. Die restlichen Wohnungen werden 2013/2014 finalisiert. Der Ankauf von Grundstücken muss aber kontinuierlich fortgesetzt werden. Mit derartigen Veranlassungen leistet die Stadt einen positiven Beitrag für die Bauwirtschaft. Wenn die Stadt baut, hat das auch einen arbeitsmarktpolitischen Aspekt, weil verstärkt heimische Betriebe mit der Errichtung beauftragt werden. Wesentlich zu erwähnen ist, dass die Stadt nicht selber baut sondern im Übertragungswohnbau diese Aufgabe an große Wohnbauträger wie die GGW, die ÖWG, die Neue Heimat und die GWS übergibt. Zu unterscheiden ist auch, dass die Stadt sehr viele Gemeindewohnungen besitzt und diese auch selbst verwaltet, sehr viele aber auch unter der Verwaltung der großen Wohnbauträger stehen. Die Stadt verfügt aber hier über ein Zuweisungsrecht für die Wohnungen.

Wie weit sind die Bautätigkeiten der Stadt mit ähnlichen Städten wie Linz zu vergleichen?

Das kann man nicht ganz vergleichen. In Graz gibt es ganz genaue Richtlinien zur Erlangung einer Gemeindewohnung. Diese sind transparent und vor allem weisungsfrei.
Graz ist Vorreiter bei den Vergaberichtlinien. Die KPÖ hat nun seit 1998 das Wohnungsamt über, und es hat im Vergabeausschuss, in welchem Vertreter aller Parteien sitzen, noch keinen einzigen Einspruch gegeben. Wartezeiten sind in Graz nicht länger als in anderen Städten. In Wien z.B. sind .die Wartezeiten auf eine Gemeindewohnung mit bis zu drei Jahren wesentlich länger. Die Wartezeiten belaufen sich auf neun bis 24 Monate. Das stärkste Segment sind im Moment die Ein- und Mehrpersonenhaushalte. Interessant ist, dass etwas zunimmt, was früher eher im studentischen Umfeld anzutreffen war, dass sich Leute zusammenschließen zu Wohngemeinschaften und um eine Gemeindewohnung ansuchen. Da sich die Gemeindewohnungen im Besitz der Stadt befinden und nicht ausgegliedert wurden, haben wir einen direkten Einfluss auf die Mietgestal¬tung. Wir nehmen Rücksicht auf die allge¬meinen Teuerungen.

Wie sehen Sie das Image der
Gemeindewohnungen?

Gemeindewohnungen haben zu Unrecht ein negatives Image. Dieses kommt jedoch von außen und nicht von den Bewohnern selbst. Ich weiß, wovon ich hier spreche, da ich selbst in der Triester Siedlung aufgewachsen bin. Dabei ist gerade in dieser Gegend diese Siedlung mit einem hohen Grünanteil ausgestattet und bietet somit eine sehr gute Lebensqualität. Hinzu kommt, dass wir die Wohnungen in den letzten Jahren sehr schön hergerichtet haben. Auch die Außenanlagen wurden erneuert. Wir schauen, dass die Infrastruktur vor Ort gegeben ist. Somit ist der Stadtteil ein schöner geworden. Zu sehen ist das auch an den Ansuchen, die sich vermehrt auch auf eine Wohnung in der Triester Siedlung richten. Und wenn man Problemfälle hernimmt, gibt es die in jeder anderen Siedlung auch - egal ob Gemeindewohnung oder nicht. Im Zusammenleben sind die Bewohner äußerst tolerant. Die Nachbarschaft wird in den Gemeindewohnungen oft besser gelebt als woanders. In der Triester Siedlung wurde vor zwei Jahren ein Stadtteilzentrum installiert, dieses ist unmittelbare Anlaufstation für die Bewohner. Auch unsere Hausverwalter sind ständig vor Ort. Das Für-die Bewohner-greifbar-Sein ist uns in all unseren Siedlungen wichtig, und das wird von meinen Mitarbeitern und mir auch gelebt.
Stichwort Sanierung. Wie wichtig ist
dieses Thema für die Stadt?

Dieses Thema ist für die Stadt ein absolut wesentliches. Für das Wohnungsamt ist dies seit 1998 eine wahre Erfolgsgeschichte. Unsere Sanierungen sind durchaus herzeigbar. Zahlreiche andere Gemeinden haben sich an unseren Siedlungen angesehen, wie Sanierungen optimal umgesetzt werden können. Auch finnische Architekten waren bei uns. Am meisten haben sie sich darüber gewundert, warum wir einen alten Wohnungsbestand sanieren. In vielen Städten ist eine umfassende Wohnraumsanierung, so wie wir sie durchführen, nicht üblich. Meist wird einfach neu gebaut. Bei unseren Sanierungen werden vom Dach bis zum Keller sämtlicheAnlagen komplett in Stand gesetzt. Durch den Einbau von Aufzügen und Balkonen wird die Lebensqualität der Bewohner ungemein gesteigert. Wir haben somit einen Wohnungsbestand, der beinahe substandardfrei ist, und das ist fast einzigartig in Österreich. Die Fördermittel für die Sanierungen sind noch bis 2014 vorhanden.

Wir überlegen auch immer, wie man die Situation für die Menschen, die in unserer Stadt leben, verbessern kann. Da haben wir gesehen, dass sich die Menschen in Bezug auf die Einstiegskosten für eine Wohnung oft schwer tun. Vor allem im privaten Wohnungsbereich. Um das abzumildern haben wir als Wohnungsamt gesagt, wir helfen mit einem Kautionsbeitrag bis maximal 500 Euro. Die Abwicklung erfolgt rasch und unbürokratisch. Um diesen Zuschuss zu erhalten, ist es allerdings ausschlaggebend, dass es sich um eine Wohnung in Graz handelt und es sich um den Hauptwohnsitz handelt und auch weitere Voraussetzungen für eine Gemeindewohnung erfüllt sind. Von Seiten der Ansuchenden sind die Rückmeldungen sehr positiv.

Wirtschaftsnachrichten Süd, 10/2011

Veröffentlicht: 11. Oktober 2011

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