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Für solidarische und soziale Stadtentwicklung

Grundsatzrede von Elke Kahr im Grazer Gemeinderat

Wir von der KPÖ werden auch in der neuen Funktionsperiode eine konstruktive und konsequente Kraft im Grazer Gemeinderat sein. Wir werden weiterhin für eine solidarische und soziale Stadtentwicklung arbeiten. Das ist unser Anspruch und an ihm wollen wir auch gemessen werden.

Für eine solidarische und soziale Stadtentwicklung

Die Gemeinderatswahl am 25. November 2012 hat ein Ergebnis gebracht, das viele überrascht hat: Auch mich. Die KPÖ hat in den vergangenen Jahren Stimmenverluste gefasst hingenommen. Wir werden jetzt auch bei Erfolgen nicht hochmütig. Aber unser Stimmengewinn bei dieser Gemeinderatswahl gehört zu den schönsten Stunden, die wir erlebt haben.

Sachzwang zur Glaubwürdigkeit

Die KPÖ ist ein fester Bestandteil des politischen Lebens in Graz geworden. Wir verstehen uns als Interessensvertretung jener Menschen, die keine Lobby haben, der sozial Schwachen und der arbeitenden Menschen. Urbanität und ein modernes Herangehen an gesellschaftliche Probleme sind häufig verwendete Worte, die aber oft die großen sozialen Fragen ausblenden. Mit dem Argument des Sachzwangs wurden oft viele Versprechen gebrochen. Wir jedoch meinen: Es sollte auch einen Sachzwang zur Glaubwürdigkeit geben.

Vor 5 Jahren bin ich an dieser Stelle für die Verkleinerung des Stadtsenates von 9 auf 7 Mitglieder eingetreten, ich habe den Bau von neuen Gemeindewohnungen gefordert und zur Diskussion gestellt, eine umfassende Gebietsbetreuung ins Leben zu rufen. Gewarnt haben wir vor der Ausgliederung der Wirtschaftsbetriebe.
Einige dieser Forderungen sind verwirklicht worden. Leider haben sich auch unsere Warnungen – was das sogenannte Haus Graz betrifft – als berechtigt herausgestellt.
Dieser Rückblick zeigt aber eines: Unsere Politik ist berechenbar. Bei uns kann man sich sicher sein, dass wir das, was wir vor der Wahl sagen und versprechen, nach der Wahl nicht vergessen. Diese Verantwortung nehmen wir sehr ernst.

An dieser Stelle möchte ich deshalb klar und deutlich sagen: Die Grazer KPÖ tritt für eine Budgetpolitik mit Augenmaß und in Zeiten des zunehmenden Budgetdrucks auf die Kommunen für einen sorgsamen Umgang mit Steuermitteln ein. Die durch den Österreichischen Stabilitätspakt geschaffenen Rahmenbedingungen machen eine ausgewogene und soziale Stadtentwicklung nicht leichter. Trotzdem haben wir schriftlich erklärt, dass wir das Ziel mittragen, die Gesamtverschuldung bis 2017 auf maximal 1,3 Milliarden Euro zu begrenzen.

Automatische Tariferhöhungen und die Vollmacht für Privatisierungen können wir aber nicht mittragen. Die Stadt Graz ist kein Konzern und kein Unternehmen, ihre Bediensteten sind keine Manager und ihre Einrichtungen dürfen kein Gabentisch für Investoren sein. Die Stadt ist ein Gemeinwesen, das zum Wohle ihrer BewohnerInnen funktionieren sollte. Und beim städtischen Vermögen handelt es sich nicht um den Privatbesitz von Politikern, sondern es gehört allen Grazerinnen und Grazern. Deshalb war die KPÖ immer unter allen Bedingungen für Information und Kontrolle und dafür, dass alle Parteien im Rathaus in den Aufsichtsräten vertreten sein sollten.

In den Gesprächen im Rathaus hat uns Finanzstadtrat Rüsch bescheinigt, dass wir die Vorgaben zur Ausgabenbegrenzung die sogenannte Eckwertbudgetierung im Wohnungsamt exakt eingehalten haben, was man nicht immer von allen anderen Abteilungen behaupten kann.

Wir haben im Dezember letzten Jahres unsere Vorschläge für ein soziales Graz in allen Bereichen, von der Verkehrspolitik bis hin zur, Bildungs-, Gesundheits-Sozial-, Umwelt-, Kultur-, Demokratie oder Finanzpolitik öffentlich gemacht und zur Diskussion gestellt. Niemand soll sagen: Er kennt unsere Schwerpunkte nicht.

Und ich habe für die mir übertragenen Ressorts auch die wichtigsten Aufgaben für die kommenden 5 Jahre den Bürgermeister und allen Parteien zukommen lassen.
Wohnen nicht den Gesetzen des Marktes überlassen

Das Eintreten für leistbares und vor allem menschenwürdiges Wohnen wird selbstverständlich weiterhin für uns eine der wichtigsten Aufgaben in der Stadt bleiben. Dieses Gebiet darf man den Gesetzen des Marktes nicht überlassen. Den Menschen wird zunehmend mehr abverlangt. Die Wohnungskosten und die Lebenserhaltungskosten explodieren. Deshalb wird kein Weg daran vorbeiführen, ein weiteres Sonderwohnbauprogramm für Gemeindewohnungen zu beschließen. Qualitativ guten, leistbaren und dauerhaft gesicherten Wohnraum können nur Gemeindewohnungen bieten. Dafür braucht es die Unterstützung durch die Stadt und durch das Land und einen nüchternen Blick auf die Tatsachen und Möglichkeiten, die es auf diesem Gebiet gibt.

Ein neues Aufgabengebiet für mich wird unter dem Begriff „Zusammenleben“ gefasst. Hier geht es mir um das Zusammenführen aller bestehenden Einrichtungen und Projekte, um die Installierung einer bedarfsorientierten Siedlungsbetreuung, um Nachbarschaftshilfe, Wohnungseinbegleitung und um die Unterstützung bestehender und die Schaffung neuer Stadtteilzentren.

Mit der Verantwortung für die Bau- und Anlagenbehörde haben wir eine große Herausforderung zu bewältigen, die für die KPÖ neu ist. Eines kann ich aber jetzt schon sagen: Der dort begonnene Reformprozess wird von mir fortgeführt werden.
Und ich setze vor allem auch weiterhin darauf, dass mir mit den Abteilungsvorständen Dr. Norbert Wisiak und Maga. Verena Ennemoser, sowie allen MitarbeiterInnen in diesen Abteilungen, sachkundige und engagierte Fachleute zur Seite stehen und stehen werden.

Sehr geehrten Damen und Herren!

Seit der Gemeinderatswahl ist die KPÖ im Rathaus die zweitstärkste Kraft. Das bedeutet eine große Verantwortung in inhaltlichen Fragen. Wir sind weiterhin eine gesellschaftliche Opposition, die grundlegende Veränderungen in Richtung mehr soziale Gerechtigkeit anstrebt. Gleichzeitig ist es nicht unwesentlich, wie wir unser gestiegenes Gewicht bei Abstimmungen einsetzen.

Wir respektieren das Wahlergebnis, das der ÖVP einen Stimmenrückgang, aber gleichzeitig auch den Anspruch gebracht hat, in der vor uns liegenden Periode den Bürgermeister zu stellen. Deshalb haben wir sehr intensiv darüber diskutiert, diesmal bei der Bürgermeisterwahl unsere Stimmen für Mag. Siegfried Nagl abzugeben. Leider war der ÖVP die Eindämmung der KPÖ nach unserem Wahlerfolg wichtiger als Gespräche auf Augenhöhe und konkrete Vereinbarungen, wie wir sie in der abgelaufenen Periode mit ÖVP und Grünen auf dem Gebiet des Wohnens gehabt hatten.
Trotzdem haben wir auf unserer erweiterten Bezirksleitungssitzung am 18. Jänner die Frage einer Wahl von Mag. Siegfried Nagl noch einmal aufgeworfen. Der Bürgermeister hat uns aber in zwei Interviews am 20. Jänner ausgerichtet, dass er auf unsere Stimmen keinen Wert legt.
Wir nehmen das so zur Kenntnis.

Werte Gemeinderätinnen und Gemeinderäte!

Unsere Funktionsperiode endet aber nicht mit dieser heutigen Sitzung. Sie beginnt erst. Und ich hoffe darauf, dass dieser Gemeinderat in seiner Gesamtheit die Botschaft des 25. November 2012 verstanden hat.
Die Menschen wollen ein Ende der Politspielereien. Sie wollen, dass man ihnen zuhört, dass ihre Erfahrungen ernst genommen werden und dass soziale Gerechtigkeit im Rathaus gelebt wird. Wenn man mehr als bisher auf jene Menschen hört, die in der Regel keine Lobby haben, wäre das eine große Hilfe für die Arbeit im Rathaus – für alle politischen Kräfte.
Wir von der KPÖ werden auch in der neuen Funktionsperiode eine konstruktive und konsequente Kraft im Grazer Gemeinderat sein. Wir werden weiterhin für eine solidarische und soziale Stadtentwicklung arbeiten. Das ist unser Anspruch und an ihm wollen wir auch gemessen werden.

24. Januar 2013