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"Haus Graz": Belastungsprobe für den sozialen Zusammenhalt

Debattenbeitrag von Gemeinderat Manfred Eber

Gemeinderat Manfred Eber

Belastungsprobe für sozialen Zusammenhalt
Diskussionsbeitrag in der Budgetdebatte des Grazer Gemeinderates 13. 12. 2010

Auf der Tagesordnung der heutigen Sitzung stehen noch einige Punkte, die sich auf das "Haus Graz" beziehen, dabei sollen Beschlüsse gefasst werden, die der Umsetzung der "Neuordnung" des Hauses Graz dienen. Es sind "einfache" Beschlüsse, etwa jener, dass städtisches Personal der Holding Graz überlassen wird. Aber es sind Beschlüsse mit weitreichenden Konsequenzen: für die - zukünftigen - Beschäftigten in diesem Bereich, für die Stadt Graz selbst und auch für die Grazer Bevölkerung. Diese Beschlüsse können auch nicht losgelöst vom Budget und der weiteren Entwicklung der Stadt und des "Hauses Graz" betrachtet werden. Deshalb erlaube ich mir, sie zum Anlass für meinen Debattenbeitrag zu nehmen.

Über 1.100 Beschäftigte werden in Zukunft also bei der Holding Graz und nicht mehr beim Magistrat der Stadt ihren Dienst versehen. Vielleicht - im positiven Fall - ist es tatsächlich so, dass sich für sie nicht viel ändert. Aber wie wird das in Zukunft sein? Werden neu eintretende Beschäftigte zu den gleichen Bedingungen eingestellt werden? Oder ist es dann nicht doch so, dass sie zu schlechteren Bedingungen, bei schlechterer Bezahlung ihren Dienst versehen müssen? Auch das ist dann eine Form des Sozialabbaus, gegen den wir uns eindeutig aussprechen. Und diese Befürchtungen sind nicht aus der Luft gegriffen. In einer Ausschreibung der Holding Graz werden Bestbieter für die "Beistellung von Leiharbeitern auf Gleisbaustellen der GVB für 2011" gesucht. Unter Schwarz-Grün halten also prekäre Beschäftigungsverhältnisse und Leiharbeit Einzug in die städtischen Betriebe.
Auf der anderen Seite wird der Vorstand von zwei auf drei Mitglieder aufgestockt, für externe Beratungskosten werden hunderttausende Euro ausgegeben, gleichzeitig ist der Bürgermeister nicht bereit, die Gesamtkosten für externe Beratungen bekannt zu geben, wie dies in einer Anfrage des BZÖ in der vergangenen Gemeinderatssitzung gefordert wurde.
Für mich stellt sich nun weiter die Frage: Geht es überhaupt um Einsparungen? Und wenn ja, warum geht dann die Stadt und das Management der Holding Graz nicht mit gutem Beispiel voran? Möglichkeiten gäbe es hier genug. Die Verkleinerung des Stadtsenats von neun auf sieben Mitglieder ist ein Schritt in die richtige Richtung und eine langjährige Forderung der KPÖ. Aber das reicht nicht aus. Wir müssen auch über die Politikergehälter reden, wir müssen über die Parteienfinanzierung reden und wir müssen auch über die Gehälter in den Vorstandsetagen städtischer und stadtnaher Betriebe reden.

Welche Folgen hat die "Neuordnung" des "Hauses Graz" nun aber für jene, in deren Interesse wir hier sitzen, deren Interessen wir wahrnehmen und vertreten sollen, für die Grazer Bürgerinnen und Bürger?
Die Ausgliederungen in Zusammenhang mit dem Haus Graz müssen als das bezeichnet werden, was sie sind: als Privatisierungen! Auch wenn die Stadt - noch? - Eigentümerin ist, so wird eine GmbH anders geführt und muss anders geführt werden als ein Eigenbetrieb der Stadt, wie es die Wirtschaftsbetriebe noch sind. Es geht uns um die Sicherstellung der kommunalen Daseinsvorsorge, um den Zugang der Grazerinnen und Grazer zu wichtigen Leistungen zu erschwinglichen Preisen.

Ich wende mich an dieser Stelle auch entschieden gegen Tarif- und Gebührenerhöhungen, die quer durch alle Bereiche geplant sind. Für Familien, für Alleinerziehende, für BezieherInnen von Ausgleichszulagen ist es eben nicht egal, wenn jedes Jahr die Kosten für Strom und Heizung, für Müll und Kanal erhöht werden. Auch wenn es sich nur um scheinbar kleine Steigerungsbeträge handelt, für immer größer werdende Menschengruppen wird das tägliche Leben dadurch nicht mehr finanzierbar.

Mit dem eingeschlagenen Weg wird der soziale Zusammenhalt in unserer Stadt einer starken Belastungsprobe ausgesetzt. Im Vordergrund soll in Zukunft aber die Gewinnorientierung der Betriebe stehen. Da bleibt dann weniger Platz für die demokratische Mitbestimmung durch den Gemeinderat.

Bebauungspläne „von Amts wegen“

Erlaubt mir, zum Schluß noch eine Bemerkung zum Stadtentwicklungskonzept, das derzeit in Ausarbeitung ist. Dieses STEK 4.0 war auch schon vor einem Jahr hier in der Budgetdebatte ein Thema. Seither liegt der Vorentwurf vor und ich danke an dieser Stelle allen Beteiligten, insbesondere den Kolleginnen und Kollegen aus den anderen Fraktionen für die Zusammenarbeit und die mit dem STEK befassten Beamten. Stellvertretend dafür möchte ich hier nur Herrn DI Josef Rogl nennen: vielen Dank für die unermüdliche Arbeit und auch für die Geduld, die Sie mit uns "Laien" haben.

Wir werden in den nächsten Tagen eine umfassendere Stellungnahme zum STEK 4.0 abgeben. Hier an dieser Stelle möchte ich nur auf einen einzigen, aber wichtigen Aspekt eingehen, die Rolle des Bebauungsplans. Wir sind der Meinung, dass Bebauungspläne nicht nur anlaßbezogen erstellt werden sollen, also nicht erst dann, wenn ein konkreter Investor da ist, der ein Projekt umsetzen möchte. Es geht uns vielmehr darum, dass insbesondere in sensiblen Gebieten bereits im vorhinein Bebauungspläne "von Amts wegen" erstellt werden. Sensible Gebiete sind beispielsweise solche, wo Wohngebiete und Industrie- oder Gewerbebiete zusammentreffen oder etwa Zonen mit besonders schützens- und erhaltenswerter Architektur. Dort geht es darum, bereits im Vorfeld klarzustellen, was kann den Menschen zugemutet werden und was nicht. Eine solche Vorgehensweise richtet sich auch nicht gegen die Investoren, denn diese haben dann zumindest Grundlagen für ihre Planungsarbeit und wissen bereits vorher, woran sie sind, was möglich ist und was nicht.

Veröffentlicht: 13. Dezember 2010

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