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Neue Unruhe um Hakenkreuz-Grab

Ernest Kaltenegger hatte den Skandal 1988 aufgedeckt

Grab als Nazi-Huldigung
Aufschrift auf Grab des SA-Sturmbannführers in Graz: Kampf für Großdeutschland - Künstler-Intervention und Anzeigen

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Graz - Spätestens seit den 80er-Jahren sorgt ein Grabstein am Grazer Zentralfriedhof - unweit der prominent gelegenen letzten Ruhestätte des Rennfahrers Jochen Rindt - immer wieder für Aufregung. Das Grab des Juliputschisten und SA-SturmbannführersTita Probst, der vier Jahre vor dem Anschluss, 1934, erschossen wurde, trägt noch immer ein Hakenkreuz und die Aufschrift "Er fiel im Kampf für Großdeutschland".
Dabei dürfte das erst 1938 in der Anschlusseuphorie so gestaltete Grab mit seiner Nazi-Huldigung irgendwem auch über 60 Jahre nach der Befreiung Österreichs am Herzen liegen. Denn das Hakenkreuz wurde etwa schon 1988 auf Veranlassung des damaligen Stadtrates und jetzigen Landtagsabgeordneten der KPÖ, Ernest Kaltenegger, überklebt, aber von Unbekannten wieder freigelegt.

Keine Reaktion

Obwohl der Rechtshistoriker und Vizerektor der Uni Graz, Martin Polaschek, dem Standard bereits vor vier Jahren bestätigte, dass hier eindeutig gegen das Abzeichengesetz und möglicherweise gegen Paragraf drei des Verbotsgesetzes verstoßen wird, wurden weder die Stadt noch Diözese oder Stadtpfarre, die den Friedhof verwaltet, tätig.

Eine Intervention des Münchner Künstlers Wolfram Kastner und seines Kollegen Martin Krenn, die am Mittwoch eine transparente Plexiglastafel vor den Stein stellten, die erklärt, wer Tita Probst war, dürfte jetzt endlich Bewegung in die Sache bringen. Bei der Anbringung der Tafel, der auch die Grünen-Gemeinderätinnen Sigi Binder und Lisa Rücker beiwohnten, trat nämlich eine Familie auf, die ihren Namen nicht nennen wollte, allerdings die Polizei rief und die Künstler wegen Grabschändung anzeigte. Diese Gelegenheit nutzten die Künstler, die ihrerseits Anzeige wegen des Verstoßes gegen das Abzeichengesetz erstatteten.

Binder bringt am Donnerstag einen Antrag im Gemeinderat ein, der die verantwortlichen Stellen auffordert, gegen die zeitweilige Neonazi-Kultstätte vorzugehen. (Colette M. Schmidt, DER STANDARD Printausgabe, 19.10.2006)

19. Oktober 2006