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Schwarz-Grün-Gefechte und Volksbefragungen

Elke Kahr: Stellungnahme zur politischen Lage in Graz

Stellungnahme zur politischen Lage im Grazer Rathaus

Die öffentliche Diskussion über Zerwürfnisse in der schwarz-grünen Rathauskoalition und über die Volksbefragungspläne von Bürgermeister Nagl macht eine Stellungnahme der Grazer Rathaus-KPÖ notwendig.

Stadträtin Elke Kahr:

„1.: Die KPÖ ist für eine Verkleinerung des Stadtsenates von 9 auf 7 Mitglieder. Wir treten seit mehr als einem Jahrzehnt dafür ein, dass die Stadtpolitik mit dem Sparen ganz oben beginnt, und sind deshalb nacheinander von FP, ÖVP, SPÖ und Grünen als Populisten bezeichnet worden. Dabei geht es aber darum, dass die Politik Vorbildcharakter haben muss. Wenn die bestimmenden Kräfte im Rathaus in dieser Frage rechtzeitig gehandelt hätten, dann hätte sich die Stadt Graz viele Millionen Euro an Steuergeldern erspart. Jetzt kommt es darauf an, die Rechte der kleineren Parteien nicht zu vergessen und ein Demokratiepaket zu schnüren, das vor allem die Bezirksdemokratie stärkt. Laptops und Handys für Bezirksvorsteher können nicht der Weisheit letzter Schluss sein.

2.: Für uns sind Volksbefragungen in Graz sinnvoll, wenn sie nach den Bestimmungen des Steiermärkischen Volksrechtegesetzes durchgeführt werden. In diesem Gesetz, das seinerzeit auf Initiative der ÖVP und insbesondere von Professor Bernd Schilcher zustande gekommen ist, sind viele Fragen, über die jetzt zwischen ÖVP und Grünen gestritten wird, juristisch geregelt. Das ist der Vorteil gegenüber in Wirklichkeit rechtlich schwächeren Umfragen, wie sie im Frühjahr auch Bürgermeister Häupl in Wien durchführen hat lassen.
Die KPÖ hat Erfahrungen mit Initiativen nach dem Volksrechtegesetz. Wir erinnern in diesem Zusammenhang an die von der Basis durchgesetzte Volksbefragung gegen den Verkauf der Grazer Gemeindewohnungen im Dezember 2004. Auch das Grazer Zuzahlungsmodell für Mieten und Betriebskosten in Gemeindebauten ist letztlich in Folge einer Initiative nach dem Volksrechtegesetz Wirklichkeit geworden.

3.: Es ist für die Entwicklung unserer Stadt und für den sozialen Zusammenhalt nicht gut, wenn die Befindlichkeiten der Koalitionspartner ÖVP und Grüne wochen- ja monatelang die Schlagzeilen beherrschen. Wichtiger wäre eine gemeinsame Anstrengung, um auch in schwierigen Zeiten positive Signale zu setzen. Dazu gehören für uns die Fortführung des Programms „Ein Bad für jede Gemeindewohnung“, die Sicherstellung von Gemeindewohnungen auf Kasernengrund, die Realisierung des zwischen ÖVP, Grünen und KPÖ vereinbarten Sonderwohnbauprogramms, die Schaffung eines Kautionsfonds und die Einführung eines Grazer Sozialpasses für Menschen mit niedrigem Einkommen. Großprojekte sollen daher zurückgestellt werden. Es geht nicht darum, dass sich einzelne PolitikerInnen teure Denkmäler bauen lassen, sondern darum, soziale Fragen in den Vordergrund zu stellen.
Die Grazer Grünen haben von Anfang an gewusst, worauf sie sich bei ihrer Koalition mit der ÖVP eingelassen haben, sie waren bereit, alle anderen Stadtsenatsparteien aus wichtigen Aufsichtsräten zu eliminieren, sie haben das Ausgliederungs- und Privatisierungskonzept „Haus Graz“ mitgetragen und durchgezogen, sie haben es hingenommen, dass die ÖVP gemeinsam mit SPÖ oder FP negative Beschlüsse im Gemeinderat durchgesetzt hat. Sie sind jetzt zu Gefangenen ihrer eigenen Entscheidung geworden.

4.: Die Grazer KPÖ hat sich nie an Koalitionsspielereien beteiligt, ist aber immer bereit gewesen und bereit, in konkreten Sachfragen, die im Interesse der Bevölkerung sind, mit allen Parteien zusammenzuarbeiten. Uns geht es darum, dass alle Kräfte in der steirischen Landeshauptstadt, denen die soziale und ökologische Stadtentwicklung ein Anliegen ist, zusammenfinden. Unser Leben ist mehr wert als die Profite der Glücksspielmafia, der Grundstücksspekulanten, der Immobilienhaie, der großen Baufirmen und der Banken.“

19. Oktober 2010