Vorgangsweise von ÖVP und SPÖ trifft die Menschen in unserer Stadt
Diskussionsbeitrag von Gemeinderätin Ina Bergmann zum Eckwertbudget
Man muss es in diesem Haus immer wieder sagen: Wenn ÖVP und SPÖ über Kürzungen beim Budget reden, dann verschweigen sie die eigene Vergangenheit.
Nur eine Zahl: Allein im Jahr 2002, also zu einem Zeitpunkt, als sich die Finanzmisere der Stadt schon deutlich abzeichnete, nahm die Stadt Gesamtdarlehen von 104,8 Mio. € auf.
Bei den Entscheidungen für Großprojekte wie Dom im Berg, Schlossberglift, Murinsel, Stadthalle, Kunsthaus etc. spielte in der letzten Gemeinderatsperiode die Überlegung, dass der Schuldendienst und die sonstigen Folgekosten in diesen schwierigen Zeiten den städt. Haushalt zusätzlich belasten, offenbar keine Rolle. Nur die KPÖ warnte damals vor den Folgen.
Auch in der Gemeinderatsperiode seit 2003 haben Skandale wie ININ oder Öko-Profit gezeigt, dass in der Stadt Graz gleichzeitig Millionen in den Sand gesetzt werden, während man in der Öffentlichkeit von Sparen redet und es immer neue Einschränkungen gibt.
Und auch die Immobilienpakete führen dazu, dass die Belastung des Stadtbudgets durch Mietzinse immer größer wird.
Diese Tatsachen werden von den bestimmenden Kräften gerne ausgeklammert. Man engagiert einen Stadtschuldenrat, redet nicht von der Vergangenheit und will den Sparstift ansetzen. man macht das aber nicht besonders systematisch.
In den letzten Jahren wurden der Gemeinderat und die MitarbeiterInnen des Magistrats mit immer neuen Projekten im Zusammenhang mit Einsparungen konfrontiert.
Im Jahr 2004 startete mit viel Aufwand das Projekt „Aufgabenkritik zur Haushaltskonsolidierung“. Alle Magistratsabteilungen arbeiteten mit großem Engagement umfangreiche Maßnahmenkataloge aus, mit Einsparvorschlägen für die Jahre 2005, 2006 und 2007.
Ein Jahr später war diese Arbeit nicht mehr gefragt. Das neue Projekt hieß „Eckwertbudgetierung“ (dazwischen gab es auch die – an sich sinnvolle – Idee der vorgelagerten, gemeinsamen Prioritätenfestlegung).
Mit dieser planlosen Vorgangsweise werden auch die MitarbeiterInnen des Magistrats verunsichert und demotiviert.
Aus der Sicht der KPÖ kommt aber zu dem allen noch eine demokratiepolitisch äußerst bedenkliche Vorgangsweise hinzu: Wie der damalige Stadtrat Kaltenegger seinerzeit aus den Verhandlungsrunden im Zusammenhang mit dem Verkauf des Energiebereichs der Stadtwerke vor die Tür des Sitzungssaals gesetzt wurde, tut man jetzt so, als ob es die beiden Stadträtinnen der KPÖ gar nicht geben würde.
Die Budgetberatungen, die dem heutigen Beschluss vorangegangen sind und von VP/SP schon seit Jahresbeginn abgehalten werden, fanden in einer Weise statt, die von uns keinesfalls akzeptiert werden kann. Die KPÖ-Stadträtinnen waren in keiner Phase eingebunden und wurden erst in der Vorwoche über die sie betreffenden Eckwerte informiert. Selbst zu Beratungen, die Einsparungen in ihren Ressorts betreffen, wurden sie nicht eingeladen.
Abgesehen von der demokratiepolitischen Fragwürdigkeit dieser Gepflogenheiten – sie unterlaufen das Prinzip der Beteiligung an Entscheidungen in der Grazer Kommunalpolitik auf Grund des Wahlergebnisses – sind sie auch den Interessen der Stadt alles andere als dienlich.
Die beiden Stadträtinnen Kahr und Monogioudis werden zu den Auswirkungen dieses Eckwertbudgets auf ihre Ressorts sicherlich Stellung nehmen. Ich will dazu nur Folgendes sagen: Die KPÖ wird diese einseitige Vorgangsweise aushalten, wir können und werden uns politisch zur Wehr setzen. Die Menschen sollen wissen, dass ÖVP und SPÖ im Rathaus Diskussionsverweigerer gegenüber der KPÖ sind, weil sie nicht mit einer grundsätzlichen Kritik an ihrer Finanzpolitik konfrontiert werden wollen.
Es trifft aber die Menschen in unserer Stadt, wenn Wirtschaftsbetriebe, Gesundheitsamt oder die Verwaltung der Gemeindewohnungen durch das Verschulden der Mehrheit im Rathaus nicht mehr so funktionieren würden, wie dies eigentlich notwendig wäre.
Zum Schluss:
Die Finanzprobleme der Stadt Graz können in Graz allein nicht gelöst werden. Bei Nichthandeln von Bund und Land drohen negative Auswirkungen. Die finanzielle Misere hat in erster Linie ihren Hintergrund in der neoliberalen und monetaristischen Budgetpolitik des Bundes, der – im Einklang mit den EU-Richtlinien – die Städte aushungert.
Erforderlich ist eine sofortige Hilfe für Graz als zweitgrößte Stadt Österreichs und eine Änderung des Finanzausgleichs, der den tatsächlichen Erfordernissen Rechnung tragen soll.
Wir warten seit Jahren auf ein energisches Auftreten der Politiker der Mehrheitsparteien gegenüber ihren Parteifreunden in Bund und Land und einen konsequenten Widerstand gegen diese Politik.
Das wäre viel besser und wirksamer als ihre jetzige Vorgangsweise in der Stadt. Und ob sie es glauben oder nicht: Sie hätten dabei auch die Unterstützung der KPÖ in Stadt und Land.
Veröffentlicht: 18. Mai 2006