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"Wir müssen endlich einen anderen Weg gehen!"

Claudia Klimt-Weithaler: Rede auf der Maikundgebung der Grazer KPÖ

Gedanken zum 1. Mai 2008

von Claudia Klimt-Weithaler

Der 1. Mai ist für viele Menschen schlicht und einfach eine Feiertag. Heuer fällt er besonders günstig, denn so verschafft er dem Einen oder der Anderen ein verlängertes Wochenende. Ein Wochenende, das viele von uns auch wirklich zur Erholung brauchen: Denn viele von uns arbeiten unter hohem Leistungsdruck und haben flexible Arbeitszeiten – d.h. Arbeit mehr als 8 Stunden am Tag und Arbeit auch an den Wochenenden. Diese flexiblen Arbeitszeiten sind leider nicht flexibel im Hinblick auf Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Privatleben, sondern sie sind ausschließlich auf die Bedürfnisse großer Konzerne ausgerichtet. Was sich auch in der Entlohnung der Arbeitenden widerspiegelt. Der Verdienst reicht bei vielen Menschen nicht mehr aus, um ihr Leben damit bestreiten zu können. Besonders betroffen sind Familien mit mehreren Kindern und Alleinerziehende.
Wir haben eine große Menge an Arbeitslosen und jeder und jede Einzelne dieser Arbeitslosen ist einer und eine zuviel. Vollzeitarbeitsplätze nehmen vergleichsweise zu Teilzeitarbeitsplätzen und sogenannten „Ich-AG`s“ ab. Teilzeit bedeutet aber auch fast immer schlecht bezahlt und so müssen immer mehr Menschen zwei oder mehr Job`s annehmen, um ihre Existenz zu sichern. Diese Situation, diese prekären Beschäftigungsverhältnisse, die immer mehr Überhand nehmen, sollten uns gerade ein einem Tag wie heute, dem 1. Mai, zu denken geben.
Der 1. Mai ist nicht schlicht und einfach ein Feiertag. Der 1.Mai ist der Kampf- und Feiertag der arbeitenden Menschen. Er ist ein Tag der Internationalen Solidarität und er hat eine lange Tradition.
Bereits Anfang 1884 rief die nordamerikanische Arbeiterbewegung zur Durchsetzung des Achtstundentags zum Generalstreik am 1. Mai auf. Es kam daraufhin zu Massenstreiks und Demonstrationen in den Industrieregionen. In Chicago endeten die Demonstrationen tödlich, als zwei Tage später vier Arbeiter bei Auseinandersetzungen mit der Polizei erschossen wurden. 100 Jahre nach Beginn der französischen Revolution trat in Paris der Internationale Sozialistenkongress zusammen. Mehr als 400 Arbeitervertreter und Arbeitervertreterinnen aus 22 Ländern hatten sich unter der Losung „Proletarier aller Länder, vereinigt euch!“ versammelt. Und die Delegierten handelten auch danach. Sie gründeten eine internationale, revolutionäre Organisation von Arbeiterparteien vieler Länder, genannt die II. Internationale. Und zum Gedenken an die Chicagoer Ereignisse von 1884 rief der Kongress die Arbeiter und Arbeiterinnen aller Länder auf, am 1. Mai 1890 für den Achtstundentag und die internationale Solidarität zu demonstrieren. In fast allen Industriestaaten wurde die Arbeit niedergelegt. Die Parole war einheitlich: 8 Stunden Arbeit, 8 Stunden Freizeit, 8 Stunden Schlaf! Ein langer Kampf um eine Verkürzung der Arbeitszeit hatte begonnen. Alle Räder standen still!
Heute leben wir in einer Welt, in der so viel Reichtum wie noch nie zuvor produziert wird und trotzdem lebt ein großer Teil der Menschen in Armut oder an der Armutsgrenze. Schuld daran ist eine Finanz- und Wirtschaftspolitik, die große Geldvermögen schont und sogar fördert und gleichzeitig den Einfluss der öffentlichen Hand zurückdrängt. Das wiederum hat zur Folge, dass sich viele Menschen das Leben nur mehr mit Hilfe von Beihilfen, Bonussen und Zuschüssen leisten können. Die geringen Löhne gehen Hand in Hand mit der Erhöhung der Preise bei Grundnahrungsmitteln, Energie und Medikamenten.
Wir müssen endlich einen anderen Weg gehen!
Unsere Demonstration steht auich im Zeichen der Inflationsbekämfpung. Wir setzen und hier und heute und in allen Gremien, in denen wir als Partei vertreten sind dafür ein, dass das Leben für die Menschen wider leistbar wird.
Deshalb fordern wir:
- keine Erhöhung von Tarifen und Gebühren in Bund, Ländern und Gemeinden
- gesetzliche Mietzinsobergrenzen für alle Wohnungen
- Abschaffung der Mehrwertsteuer auf Mieten, Betriebskosten, Energie und Medikamenten
- Wiedereinführung der amtlichen Preisregelung bei Grundnahrungsmitteln und Energie, um den Preisanstieg zu dämpfen
- Außertourliche Gehalts- und Pensionserhöhungen, die die Teuerung abdecken
- Erhöhung der Lehrlingsentschädigungen
- Inflationsausgleich beim Arbeitslosengeld und der Sozialhilfe
- Die Abschaffung des Regresses bei der Sozialhilfe
- Verbot der Verwendung von Nahrungsmitteln zur Herstellung von Treibstoff, solange irgendwo auf der Welt noch ein Mensch an Hunger stirbt

Diese Forderungen lassen sich durchsetzen. Und dass wir heute so viele sind, gibt mir Hoffnung und sollte uns allen Hoffnung geben. Die Geschichte hat gezeigt, dass wir etwas bewirken können, wenn wir uns nicht alles gefallen lassen. Eine andere Welt ist möglich!
Ich möchte meine Gedanken zum 1. Mai 2008 mit einem Gedicht von Bert Brecht beenden und Sie/Euch damit zum Nachdenken anregen:

Wenn die Kämpfer gegen das Unrecht besiegt sind
hat das Unrecht doch nicht recht!
Unsere Niederlagen nämlich beweisen nichts
als dass wir zu Wenige sind
die gegen die Gemeinheit kämpfen.

In diesem Sinne wünsche ich uns allen Kraft und Mut!
Hoch die Internationale Solidarität!
Hoch der 1. Mai!

(Rede auf der Maikundgebung der Grazer KPÖ)

5. Mai 2008