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Wohnen: Kaltenegger widerlegt die Angriffe

Stadtrat Ernest Kaltenegger

Grazer Wohnen: Für positive Veränderungen – gegen Ausgliederungen und Privatisierungen

Diskussionsbeitrag in der Grazer Gemeinderatssitzung am 17. 2. 2005

Die Grazer Wohnungsvolksbefragung war einzige Möglichkeit, um sich gegen drohenden Ausverkauf zur Wehr zu setzen. Pläne, die Gemeindewohnungen zum Stopfen der Budgetlöcher einzusetzen, gibt es schon lange. Deutlich erkennbar wurden sie bereits bei einer Stadtregierungsklausur im Jahr 2001 im Franziskanerkloster. Da man Widerstand befürchtete, wurde versucht, diese Absichten so gut als möglich zu verschleiern.

Als sich die Anzeichen für Vorbereitungen zu einem Verkauf verdichteten, wollte die KPÖ Klarheit. In der Gemeinderatssitzung am 18.März 2004 wurde der Dringlichkeitsantrag gestellt, der Gemeinderat solle sich klar gegen jede Form des Verkaufes der Gemeindewohnungen aussprechen. ÖVP, SPÖ und FPÖ stimmten wohl aus gutem Grund gegen diesen Antrag. Wie man im Sommer 2004 erfuhr, gab es bereits im Frühjahr Gespräche zwischen der GBG und Vertretern von Genossenschaften über eine Übernahme der Gemeindewohnungen.

Erst nachdem die Gemeinderatsmehrheit eine klare Stellungnahme gegen einen Ausverkauf der Gemeindewohnungen abgelehnt hatte, begann die KPÖ mit Unterstützung vieler Mieterinnen und Mieter mit der Unterschriftensammlung für die Durchführung einer Volksbefragung.

Verkäufe von öffentlichem Eigentum werden fast immer mit Studien eingeleitet. Mit einer Studie, so glauben manche Politiker und Politiker, kann man sich einen höheren, vermeintlich neutralen Segen für ihre Ideen erkaufen. Wie in einem Artikel zum Thema „Die Beraterrepublik“ in der renommierten deutschen Zeitung „Die Zeit“ treffen festgestellt wurde, wird dafür häufig schlechter Rat teuer bezahlt. Die Ursache für die Beauftragung so mancher Beraterfirma wird in diesem Artikel treffend auf den Punkt gebracht: „Wahlen stehen vor der Tür, und das ewige Thema Verschuldung hängt den Wahlkämpfern wie ein Klotz am Bein. Ein glaubhaftes Heilversprechen muss her. Etwas also, was das Wahlvolk der politischen Klasse nicht abnimmt, wenn sie es selbst verkündet.“

Warum sollte es in Graz anders sein? Da in den vergangen sieben Jahren weder von ÖVP, SPÖ, FPÖ noch von den Grünen eine sachlich fundierte Kritik an der Wohnungspolitik zusammengebracht wurde und man auch keinerlei konkrete Änderungsvorschläge, die realistisch umzusetzen wären, einbrachte, dachte man wohl, dass eine Studie einem diese Arbeit abnehmen könnte.

Fadenscheinig wurde in einem gemeinsamen Antrag der genannten Parteien am 17. Juni des Vorjahres das Wohnungsressort aufgefordert, Vergleiche mit anderen österreichischen Städten anzustellen. Sollte dies nicht ausreichen, so solle man eine externe Studie in Auftrag geben. Für das Wohnungsamt wäre die Lieferung solcher Vergleichdaten kein Problem gewesen. Dadurch wären der Stadt auch keinerlei zusätzliche Kosten entstanden. Damit wäre allerdings den betreibenden Parteien nicht gedient gewesen. Darum wollte man die Datenlieferung durch das Wohnungsamt gar nicht erst abwarten sondern hat sofort – ohne eine entsprechende Ausschreibung und ohne notwendigen Stadtsenatsbeschluss, versteht sich - das KDZ mit der Erstellung einer Studie beauftragt.

Der ursprüngliche Plan, mit dieser Studie auch Munition für eine Auseinandersetzung im Vorfeld der Volksbefragung zu haben, ging nicht auf. Zu fehlerhaft war bereits der erste Zwischenbericht. Also machte man aus der Not eine Tugend und vermied überhaupt jede öffentliche Diskussion über ein Pro und Kontra Privatisierung der Gemeindewohnungen. Was allerdings überhaupt nicht heißen soll, dass solche Absichten nicht bestünden.

Nun liegt der Endbericht des KDZ vor. Bemerkenswert ist dabei die Vorgangweise von ÖVP und SPÖ. Als ob sie die Studie aus ihren Parteikassen bezahlt hätten, war es für sie selbstverständlich, das Ergebnis vorerst vor dem zuständigen Stadtsenatsreferenten zu verheimlichen und in einer gemeinsamen Pressekonferenz von ÖVP und SPÖ vorzustellen. Diese Geisteshaltung lässt sich wahrscheinlich am besten aus dem offensichtlich gemeinsamen Ziel - Verwertung der Gemeindewohnungen zum Stopfen der Budgetlöcher – erklären. Den Grünen war diese Vorgangsweise allemal einen Applaus wert, schließlich ging es gegen die KPÖ!

Um das gemeinsame Ziel zu erreichen, versuchen es ÖVP und SPÖ mit abenteuerlichen Versprechungen. Bei der Präsentation der so genannten Studie wollte man den Eindruck erwecken, als hätte man nun endlich die Eierlegende Wollmilchsau entdeckt. Man bräuchte nur das Wohnungsressort aus der unmittelbaren Magistratsverwaltung herauszulösen und den starrköpfigen Kaltenegger politisch kaltzustellen, dann stünde dem Schlaraffenland für die Mieterinnen und Mieter nichts mehr im Wege. Von einer gewaltigen Sanierungsoffensive mit wunderbaren Lifteinbauten über wahre Preisstürze bei Betriebskosten bis hin zur rekordverdächtigen Neubautätigkeit wird alles in Aussicht gestellt. Wer denkt angesichts solch rosiger Zukunftsaussichten schon gerne an die Realität?

Leider muss ich Sie nun trotzdem etwas auf den Boden der Tatsachen herunterholen. 1998 hat es noch zirka 900 Gemeindewohnungen ohne Bad und zum Teil sogar mit WC am Gang gegeben. Wir hatten Häuser, die seit ihrer Errichtung in den Zwanzigerjahren nicht mehr saniert wurden. Aufschriften aus der Zeit des 2. Weltkrieges an den Fassaden zeugen sogar heute noch manchmal davon. Den früheren Stadtsenatsreferenten von SPÖ und ÖVP waren bestimmte Wohngebiete und auch die Verbesserung der Wohnungsausstattung offensichtlich kein besonderes Anliegen. Der Nachholbedarf ist so groß, dass er nicht in wenigen Jahren abgearbeitet werden kann.

Dank eines beachtlichen Engagements der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Wohnhausverwaltung kann auf eine gute Bilanz hingewiesen werden. Um nur einige Beispiele zu nennen: Die Kienzl-Siedlung, welche völlig abgewohnt war und zu einem beachtlichen Teil aus Substandardwohnungen bestand, wurde aus Mitteln der Geschoßbauförderung bis auf einige wenige Häuser, wo Mieter keine Änderung wollten, generalsaniert. Zeitgemäße Bäder, Wärme- und Trittschalldämmung sowie Fernwärme statt Einzelöfen sind dort jetzt Standard. Umfassende Sanierungen von Wohnhäusern in der Fröbelgasse, Hackhergasse, am Bahnhofgürtel sollten ebenso erwähnt werden wie der Sanierungsschwerpunkt Triestersiedlung, wo der nördliche Muchitschblock mittlerweile schon zur Hälfte aus Kategorie-A-Wohnungen besteht.

Von den ursprünglich gut 900 Wohnungen ohne Bad wurden mittlerweile – einschließlich der umfassenden Sanierungen – 550 mit zeitgemäßen Nasszellen ausgestattet. „Ein Bad für jede Gemeindewohnung“ ist keine utopische Forderung, sondern in erreichbarer Nähe. Wenn im KDZ-Bericht nun der zu lange Abschreibungszeitraum kritisiert wird, muss auch klar gesagt werden, welche Auswirkungen ein kürzerer Abschreibungszeitraum auf die Mieten hätte. Sollen Menschen mit niedrigsten Einkommen kein Recht mehr auf eine Wohnung mit Bad haben?

„Ein Bad für jede Gemeindewohnung“ war gemeinsamer politischer Wille. Dieser stand in engem Zusammenhang mit dem Kulturhauptstadtjahr 2003. Weil Kultur nicht nur der Erbauung dienen, sondern alle Bereiche des Lebens erfassen soll, wurde dieser Schwerpunkt festgelegt. Schließlich wäre es eine Schande für eine Stadt, die sich Kulturhauptstadt Europas nennen durfte, wenn sie abseits der glänzenden Kulturstätten den sozial schwächeren Bürgerinnen und Bürgern lediglich Wohnungen ohne Bad zubilligt. Wenn künftig nun die Wohnungsausstattung für finanziell Minderbemittelte wieder ausschließlich vom Rechenstift entschieden werden sollte, dann sollte man auch andere Investitionen auf Kosten und Nutzen durchrechnen. So zum Beispiel wäre es interessant nachzurechnen, in wie viel Jahren sich eine Murinsel amortisiert hat, oder – um nicht so weit zu schauen – in welchem Zeitraum sich der teure Umbau des Bürgermeisteramtes eigentlich rechnet.

Schauen wir uns die KDZ-Studie überhaupt etwas genauer an. Die Analyseergebnisse zeigen trotz intensivster Aufklärungsarbeit durch die A 21 eine Reihe von falschen Zahlen und inhaltlichen Unrichtigkeiten. Die auf Basis dieser vielfach unzutreffenden Analyse erstellten strategischen Optionen und Handlungsempfehlungen sind allein schon aus diesem Grund in vielen Punkten zu hinterfragen. Zum Teil bestehen sie jedoch nur aus Plattitüden aus dem kleinen Einmaleins des New Public Management und lassen konkrete Aussagen über die Umsetzbarkeit und das Ausmaß der damit erzielbaren Verbesserungen des wirtschaftlichen Ergebnisses vermissen.

Dafür kann man so richtungweisende Sätze lesen, wie „Diese umfassenden Sanierungen schließen signifikante Standardanhebungen und meist umfassende Gebäudesanierungen ein. Von dieser Objektsanierung zu unterscheiden ist die Verbesserung der Wohnungsqualität.“ Würde diese Feststellung in der Seminararbeit eines Studenten stehen, hätte dieser wohl einigen Erklärungsbedarf.

Interessanterweise war den Autoren trotz der angeblich fehlenden Daten und Kennzahlen ein Vergleich mit anderen Städten möglich. Besondere betriebswirtschaftliche „Kompetenz“ zeigt die Behauptung, dass die negativen Betriebsergebnisse keinesfalls von der sozialen Klientel abhängen, sondern lediglich von einer fehlenden Kostendeckungs- und Betriebslogik und einer fehlenden strategischen Steuerung. Wer so etwas behauptet, hat mit täglichen Arbeit einer Hausverwaltung wohl noch sehr wenig zu tun gehabt.

Nun noch einige Bemerkungen zur Organisationsreform. Die als Beispiele angeführten Lösungen in Linz und Innsbruck müssen auf ihre Eignung als gute Vorbilder hinterfragt werden. Linz hat schon vor über 20 Jahren einer Wohnbaugenossenschaft ein fruchtgenussrecht an sämtlichen Gemeindewohnungen eingeräumt, musste aber dafür langfristig einen Betrag von 350 Millionen Schilling für die Erhaltung und Sanierung der Wohnhäuser zur Verfügung stellen. Ob dies angesichts unserer Budgetmisere in Graz ebenfalls erstrebenwert ist, darf bezweifelt werden.

Anders das Beispiel Innsbruck: Dort hat die aus steuerlichen Gründen sehr verschachtelte Gesellschaftskonstruktion den Mieterinnen und Mietern mit neuen Mietverträgen eine sehr starke Mietzinserhöhung gebracht, dies stünde im übrigen im Gegensatz zu den bisherigen Beteuerungen, keine Verschlechterung für Mieter zu wollen, und auch zum Inhalt des Gemeinderatsantrages vom 17. Juni 2004.

Da ich denke, dass wir in nächster Zeit ohnehin noch Gelegenheit haben werden, uns mit dieser Studie eingehend auseinanderzusetzen, brauche ich mich jetzt nicht noch mehr damit auseinanderzusetzen.

Feststellen möchte ich, dass ich sinnvollen Änderungen immer aufgeschlossen gegenüberstehe. So zum Beispiel ist es über Initiative des Wohnungsressorts bereits zu einer spürbaren Beschleunigung bei den Wohnungsvergaben gekommen. Allerdings gäbe es in anderen Bereichen sicher noch Möglichkeiten, Bürokratie abzubauen. Sie bleiben oft ungenutzt, weil es Widerstände gibt, die außerhalb unseres Einflussbereiches liegen.

So zum Beispiel wäre eine rasche Ausfolgung der Mietverträge sehr wünschenswert. Schließlich werden sie oft für Ansuchen um Wohnbeihilfe gebraucht. Mietverträge für Grazer Gemeindewohnungen müssen allerdings immer noch vom Bürgermeister unterschrieben werden. Ein Abgehen von dieser antiquierten Vorgangsweise würde allerdings bedeuteten, dass der Herr Bürgermeister den neuen Mieterinnen und Mietern nicht mehr ein nettes Begleitschreiben schicken könnte, wo er ihnen mitteilt, dass er soeben ihren Hauptmietvertrag unterzeichnet habe und ihnen zu ihrem neuen Zuhause herzlich gratuliert. Schreiben des Bürgermeisters an die Mieter nach eingeleiteten Kündigungsverfahren, die im Stadtsenat behandelt wurden und ebenfalls seine Unterschrift tragen, sind mir bisher allerdings noch nicht bekannt geworden.

Positive Veränderungen sind sicher auch in der Magistratsstruktur möglich. Nicht alles was sehr modern klingt, bedeutet automatisch eine Verbesserung für die Bevölkerung. Auch die Österreichische Post – um nur ein Beispiel zu nennen – wurde modernisiert. Schlechtere Serviceleistungen für Kundinnen und Kunden (man denke nur an die oft deutlich länger gewordenen Zustellzeiten und Postamtsschließungen) und Personalabbau war die Folge. Selbst für die Kosten des Personalabbaues musste teilweise letztendlich doch wieder die öffentliche Hand aufkommen.

Wie wurden vor Jahren die „klugen Köpfe“ gefeiert, die über eine Lücke im amerikanischen Steuerrecht das „Cross-Border-Leasing“ entdeckten. Galt dies anfangs noch als besonders innovativ, wissen wir heute, dass es sich hier wohl eher um Cross-Border-Gambling handelt. Etwas für Spielernaturen unter Politikern, die bevorzugt statt des eigenen Geldes, jenes der Steuerzahler einsetzen.

Warum sage ich das? Weil ich allen Heilsversprechen hinsichtlich neuer Gesellschaftsformen für unser städtisches Wohnungswesen äußerst skeptisch gegenüberstehe. Die hat nichts mit Einzementieren zu tun sondern ausschließlich mit Ratio. Ein Auslagern der Gemeindewohnungen ähnlich der „GBG-Lösung“ würde das in absehbarer Zeit das Ende des kommunalen Wohnungswesens in Graz bedeuten. Mit unseren Mieteinnahmen könnten wir niemals die aufzunehmenden Kredite zurückzahlen, von einer zusätzlichen Sanierungsoffensive gar nicht zu reden. Auch wenn diese Variante derzeit angeblich nicht angestrebt werde, so bleibe ich trotzdem misstrauisch.

Möchte man – wie behauptet – ohnehin nur eine Ausgliederung ohne Belastung der Liegenschaften, woher kommen dann die großen Gönner, die die gewagten Versprechungen von ÖVP und SPÖ finanzieren werden? In der KDZ-Studie wird man keine Antwort auf diese Frage finden. Wollen wir weiterhin Wohnungen zu erschwinglichen Mieten anbieten, werden wie bisher alle Förderungsmöglichkeiten ausschöpfen müssen.

Korrekterweise muss gesagt werden, dass das Land uns in den letzten Jahren in dieser Sache immer sehr fair behandelt hat. Eine große Ausweitung des Fördervolumens wäre zwar wünschenswert, ist aber angesichts der auch dort angespannten Budgetlage nicht sehr realistisch.

Wir sollten uns bemühen, im Interesse der Mieterinnen und Mieter sowie der Wohnungssuchenden das Beste aus unserer sicher nicht einfachen Situation machen. Mit unserem Sanierungsprogramm sind wir auf einem guten Weg. In Luftschlössern wird man auch künftig nicht wohnen können.

Veröffentlicht: 17. Februar 2005

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