Yugo Fešta: Gelebte (Gast-)Freundschaft

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Ein „Fest für Augen und Ohren, für den Gaumen, ein Fest für die Seele“ – bereits zum fünften Mal findet die Yugo Fešta am Samstag, den 2. Juli, ab 14 Uhr statt.

Am Anfang stand die Idee, Grazerinnen und Grazern mit einem Bezug zu Jugoslawien – seien es Wurzeln, Urlaubserinnerungen oder kulinarische und kulturelle Vorlieben – mit einem Fest zusammenzubringen. „Die große Herausforderung ist es jedes Mal, ein Musik-Programm zusammenzustellen, das der Vielfalt gerecht wird“, erzählt Barbara Predin dem Grazer Stadtblatt. Sie wurde in Maribor geboren und kam 1992 nach Graz, um Soziologie zu studieren. Sie war von Beginn an Teil des Organisationsteams der Yugo Fešta.

Essenziell für Predin ist die Musik, weil sie für alle ein Bezugspunkt ist. Spätestens ab den 1970ern hatte Jugoslawien eine blühende Musikszene, die Pop und Rock aus dem angloamerikanischen Raum mit lokalen Einflüssen verband und viele Superstars hervorbrachte. Es gibt unzählige Lieder, die noch heute Menschen aller Länder verbinden, die man kennt und liebt. Wenn bei der Fešta etwa Đurđevdan von Bjelo Dugme erklingt, reißen Menschen die Arme in die Höhe und singen aus voller Kehle mit. „Alle, auch wesentlich später geborene, können die Texte auswendig“, weiß Mirza Mulalić. Er wurde im heutigen Kroatien geboren und lebte, bis er als Kind vor dem Krieg flüchten musste, im heutigen Bosnien. Mit neun Jahren kehrte er zurück, schloss die Schule und danach ein Germanistik-Studium in Belgrad ab. Er sieht sich als „Crossover-Jugo“ und studiert heute Übersetzen und Dolmetschen an der Uni Graz.


We go, Yu go!

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In bewährter und beseelter Weise führen Ivan Redi und Irina Karamarković durch das Programm.

Die brutalen Zerfallskriege haben in vielen Familien tiefe Wunden hinterlassen, die oft nur langsam vernarben. „Die Menschen wurden und werden von Politik und Propaganda auseinanderdividiert. Aber Musik, Kultur und Kulinarik schaffen es, Brücken zu bauen und die Menschen wieder zusammen zu führen“, betont Mulalić. Wie sehr man sich durch Musik annähern kann, zeige auch der Eurovision Song Contest, erklärt Predin: Zwölf Punkte erhielt Serbien heuer von der kroatischen Jury.

Dementsprechend vielfältig ist das Programm am 2. Juli. Mit Crvena Jabuka ist es gelungen, Jugo-Rock-Heroen nach Graz zu holen, die mit Hits wie Tugo, nesrećo oder Nekako s proljeća das Volkshaus zum Beben bringen. Die Tamburica-Ethno-Gipsy-Band Šukar zeigt, wie nahe Wehmut und Ausgelassenheit beieinanderliegen, Bečo & Company wissen schon am Nachmittag mit Pop-Rock zu begeistern, der Sosamma Chor rund um Vesna Petković fesselt mit seiner Stimmgewalt und die Tanzgruppe KUD Kolo sreće zieht virtuos ihre Kreise. Ab 22 Uhr sorgen BJ Nevenko, DJ Devildog und YJ Genosse B Drug an den Plattentellern dafür, dass bis in die frühen Morgenstunden das Tanzbein geschwungen wird. Außerdem gibt es ein Kinderprogramm im interkulturellen Bildungsgarten und eine Kinoteka im kleinen Saal des KPÖ-Bildungsvereins. In bewährter und beseelter Weise führen Irina Karamarković und Ivan Redi durch den Tag.

Wie bei jeder Reise in den Süden wird auch die Kulinarik im Mittelpunkt stehen. Ćevapčići und Ražnići dürfen da ebenso wenig fehlen wie Pita/Burek, Pasulj/Grah (Bohnensuppe), Bograč (Wildgulasch), Spanferkel oder Süßigkeiten wie Kremšnita und Baklava. Dazu kommen echte Rakija und unterschiedliche lokale Biere.


Bratstvo i jedinstvo

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Bürgermeisterin Elke Kahr und die KPÖ wollen mit allen Grazerinnen und Grazern, die einen Bezug zu Jugoslawien haben – seien es Wurzeln, Urlaubserinnerungen oder kulinarische und kulturelle Vorlieben – mit einem Fest zusammenzubringen.

Über 23.200 Menschen mit Staatsbürgerschaften aus den Nachfolgestaaten des früheren Jugoslawien leben in Graz. Dazu kommen viele, die mittlerweile die österreichische haben. Ihre Gemeinsamkeiten liegen auf der Hand, meinen Predin und Mulalić unisono. „Zuhause ist man vielleicht Bosnier, Kosovarin, Kroatin, Montenegriner oder Serbin – hier in Österreich sind wir alle ‚naši‘“, was sich am besten mit „Unsrige“ übersetzen lässt, erklärt Mulalić. Aus einer multiethnischen Familie stammend, fühlt er sich überall zuhause. „Die Staaten und ihre Politiker können mir das nicht nehmen“, so Mulalić. „Ich lass mir mein Jugoslawien nicht nehmen.“

„Alle aus dem früheren Jugoslawien sind offen, haben Humor und Zuversicht“, sagt Predin. „Wir leben Gastfreundschaft.“ Und diese Gastfreundschaft wird man am 2. Juli ab 14 Uhr im in blau-weiß-rote Farben getauchten Volkshaus spüren, versprechen die beiden – mit einem reichen Kulturprogramm aus Tanz und Musik, authentischen kulinarischen Köstlichkeiten, Film und Gemeinschaftssinn. In Brüderlichkeit und Einheit – bratsvto i jedinstvo.  

Hanno Wisiak

Veröffentlicht: 4. Juli 2022