Budgetsanierung: Auch budgetäre Kreativität hat ihre Grenzen
Budgetrede der Grazer KPÖ-Klubobfrau Ina Bergmann
Sehr geehrte Damen und Herren des Gemeinderates!
Sehr geehrte Mitglieder der Stadtregierung!
Sehr geehrter Herr Bürgermeister!
Sehr geehrte Zuhörer und Zuhörerinnen!
Budgetreden sind jährlich eine Art Rückblick und auch eine Bestandsaufnahme über die Politik, die gemacht wurde und wird in unserer Stadt.
Zu Beginn meiner Rede möchte ich mich bei allen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen der Finanzdirektion, des Stadtrechnungshofes und allen anderen Abteilungen für die geleistete Arbeit bedanken. Ihre Arbeit und Unterstützung ist für uns im Gemeinderat sehr wichtig, ohne Sie könnten wir viele Entscheidungen nicht treffen.
Die Rahmenbedingungen
Das Budget der Stadt Graz kann natürlich nicht losgelöst von den vorherrschenden Rahmenbedingungen in der EU und in Österreich gesehen werden.
Die Finanzkrise wurde zwar aus den Medien in den letzten Monaten etwas weggezaubert, ist aber mit voller Härte noch immer da. Immer mehr Staaten kommen in die Situation, für ihre Banken Geld locker zu machen und dieses dann bei der Bevölkerung einzutreiben. Heute geht es nicht mehr nur um Griechenland auch Spanien, Portugal, Zypern, Italien und nicht zuletzt auch Slowenien sind in großen Schwierigkeiten und werden von Seiten der EU gezwungen, massive Einsparungen bei der Bevölkerung zu tätigen.
Auch Österreich ist keine Insel der Seligen. Das Sparprogramm der Regierung wird in allen Bereichen beinhart durchgezogen. Haben viele Österreicher und Österreicherinnen vor zwei Jahren noch nicht wirklich daran geglaubt, dass es auch sie treffen kann, spüren sie es heute ganz konkret in Ihrer Geldtasche. Für viele Menschen reicht ihr Einkommen gerade, um über die Runden zu kommen. Extras sind für die Meisten nicht mehr drinnen. Die Unterschiede zwischen Mittelstand und unteren Einkommensschichten werden kleiner und immer mehr Menschen rutschen unter die Armutsgrenze.
Laut den letzten Meldungen des AMS ist die Arbeitslosigkeit auch im Grazer Raum so hoch wie noch nie. Für viele Arbeitslose gibt es kaum Hoffnung, in nächster Zeit Arbeit zu bekommen. Immer mehr hoch qualifizierte und gut ausgebildete Menschen finden keine Arbeit. Eingespart wird bei Firmen und auch in der Stadt vorwiegend beim Personal. Immer mehr prekäre Arbeitsverhältnisse werden angeboten und nur mehr die Mindestlöhne bezahlt. Viele brauchen heute mehrere Jobs. Diese sind jedoch kaum mehr zu bekommen. Wen wundert es da, wenn die Kosten für Sozialausgaben steigen?
Geld wäre vorhanden
Geld ist durchaus vorhanden, dies zeigen die vielen Korruptionsfälle in Österreich und die satten Gewinne von Unternehmen im Jahr 2012. Schmiergelder und undurchsichtige Beraterhonorare in mehrstelligen Millionenionenbeträgen fließen kreuz und quer zwischen großen Unternehmen und hochrangigen Politikern.
Eine höhere Besteuerung von großen Vermögen wird genau von diesen Politikern in Österreich vehement abgelehnt. Warum wohl?
Die budgetäre Situation in Österreich und vielen anderen Ländern könnte mit einer gerechten Umverteilung der Finanzmittel durchaus in den Griff bekommen werden.
Das ungerechte Steuersystem und die ungleiche Aufteilung der Steuereinnahmen durch den Finanzausgleich will man nicht antasten. Hier wäre aber des Rätsels Lösung. Viele Anregungen des Österreichischen Städtebundes und Erfahrungen aus dem Ausland werden in den Wind geschlagen.
Zu wirklichen umfassenden Reformen ist man nicht bereit.
Stattdessen werden Länder, Städte und Gemeinden immer mehr zu Finanztricksereien und Spekulationen gezwungen, damit sie ihre Aufgaben erfüllen können. Die Vorkommnisse im Land Salzburg sind nur die Spitze eines Eisberges (siehe Linz und NÖ, wo ebenfalls öffentliches Geld in Millionenionenhöhe verspekuliert wurde.
Nun zum Grazer Budget
Seit zehn Jahren habe ich die Möglichkeit, die Budgetkonsolidierung in diesem Haus mit zu verfolgen.
Viele schöne Reden wurden geschwungen und haben die baldige Lösung vorangekündigt. Es wurde auch vieles ausprobiert und kaum mehr rückgängig zu machende Beschlüsse gefasst.
Die Kritik der KPÖ hat sich immer wieder bestätigt.
Zu Beginn kam die Verwaltungsreform 2000, mit der man eine effektivere und schlankere Verwaltung erreichen wollte. Dann die Aufgabenkritik: Die Ämter bekamen ihre eigenen Budgets und wurden zu Einsparungen angehalten. Danach wurden die Eckwerte eingeführt, die jährlich gekürzt wurden und nun zum Teil wieder angepasst werden müssen, da man an die Grenzen des Machbaren angelangt ist. Mit dem neu geschaffenen Haus Graz hat man die größte Umgestaltung und die gesamte Auslagerung der Daseinsvorsorge in den privatrechtlichen Bereich getätigt.
Mit insgesamt 11 Immobilienpaketen wurde das gesamte Liegenschafts-und Immobilienvermögen ausgelagert und mit Krediten belastet.
2011 kam die frohe Botschaft, die Ausgaben der OG konnten seit vielen Jahren wieder mit den Einmaleffekt -Einnahmen gedeckt werden und nicht mit Fremdmittelaufnahmen. Die freie Finanzspitze war mit 2,58 Millionen wieder im Plus und somit gab es freie Fahrt für Investitionen.
Der Übernahme des gesamten Reininghaus Grundstückes der Asset One mit einer Schuldenlast von ca. 70 Millionen. wurde ins Auge gefasst, denn es wurde kolportiert, daraus könnte man Gewinne abschöpfen. Nicht auszudenken, wenn dieser Deal wirklich stattgefunden hätte.
Denn 2012 sieht das Ergebnis schon etwas anders aus. Auch wenn dieses heute äußerst positiv vorgestellt wurde.
Durch einmalige Einnahmen wie das letzte Immobilienpaket mit 8,5 Millionen, sogenannte Gewinnentnahmen aus Beteiligungen in Höhe von ca. 11 Millionen – die in Wirklichkeit nur Umschichtungen zu Lasten des Eigenkapitals sind –, die letzte Zahlung der Holding zur Ablöse der Pensionslasten in Höhe von 33,8 Millionen und massive Rücklagenentnahmen aus der Ausgleichsrücklage von 44,2 Millionen konnte das Ergebnis noch positiv gehalten werden.
Zunehmende Probleme mit Banken bezüglich der Kreditkosten und letztendlich sofort fällig gestellte Darlehen zwangen die Stadt, die Tilgungsrate enorm zu erhöhen.
2012 wurden auch erstmals Darlehen und Anleihen von Investmentbanken aufgenommen, welche der Stadt keine jährliche Tilgung abverlangen, sondern in 10 Jahren auf einmal zurückbezahlt werden müssen. Wohin der Weg führt, wird sich noch weisen.
Budget 2013/14
Wohin geht die Reise in den nächsten Jahren.
Die Stadt Graz wird in den nächsten Jahren um 30.000 Menschen wachsen. Diese Nachricht wird allseits verkündet und das Baugeschäft boomt wie nie zuvor in unserer Stadt. Welche Herausforderungen für die Stadt jedoch damit verbunden sind und wie viel Wachstum unsere Stadt wirklich verträgt – darüber wird nicht viel geredet.
Mehr Einwohner und Einwohnerinnen heißt mehr Einnahmen aus dem Finanzausgleich – dies ist eine Sicht und die ist auch aus dem Zahlenwerk ersichtlich. Dass aber mehr Einwohner auch mehr laufende Ausgaben verursachen ist eine andere.
Diese Mehreinnahmen sind also mit Vorsicht zu betrachten.
Viele Einnahmen stehen für die kommenden Budgets nicht mehr zur Verfügung. So etwa die 33 Millionen. für die Pensionsabschlagzahlungen. Weiters sind alle Immobilien und Liegenschaften bereits belastet. Die Ausgleichrücklage ist mehr oder weniger leer. Die Eigenkapitaldecken der Beteiligungen wurden ebenfalls schon nach unten korrigiert. Bleiben nur mehr etwaige Finanztransaktionen zwischen den Beteiligungen und der Stadt. Finanzmittel werden aufgenommen und hin und her transferiert.
Die Übersicht über solche Finanztransaktionen wird immer komplizierter und beschränkt sich auf einige wenige MitarbeiterInnen der Finanzdirektion . Das birgt mit Sicherheit Gefahren in sich.
Liegenschaften werden jetzt durchforstet und echte Verkäufe geprüft. Allein in der GBG wurden bereits Liegenschaften und Immobilien im Wert von 7,2 Millionen vom Anlagevermögen in das Umlaufvermögen übertragen und somit zum Verkauf vorbereitet.
Mit der Deckelung der Schuldenobergrenze auf 1,3 Milliarden bis zum Jahr 2017 geht die Erhöhung der Schulden vorerst jährlich weiter.
Auch wenn ÖVP, SPÖ und Grüne in der Vergangenheit immer wieder betont haben, wir dürften die nächsten Generationen nicht mit Schulden belasten, so haben sie das in den letzten Jahren eindeutig getan. Das bereits beschlossene Investitionsvolumen hat den Rahmen bereits gesprengt und erlaubt in Zukunft keine größeren Projekte mehr. Projekte werden jetzt bereits fixiert und in den Zeitraum nach 2017 verschoben. Z. B Sammelkanal Mur mit ca. 52 Millionen Euro und der Bau der Südwestlinie.
Mit einem AOG-Rahmen von ca. 100 Millionen bis 2017 – wobei für 2013 13 Millionen. und für 2014 15 Millionen. vorgesehen sind – sind nur mehr kleine Projekte möglich.
Trotz dieses schmalen Rahmens hat man sich auf keine Schwerpunkte einigen können. Die Gefahr, dass jene Projekte zur Umsetzung kommen, die jetzt schneller beantragt und beschlossen werden, und nicht jene, die für die Bevölkerung wichtig und dringend sind, ist groß.
So war es in den Budgetverhandlungen nicht möglich, Gelder für Grundstücksankäufe in den Jahren 2013/14 für den Kommunalen Wohnbau zu veranschlagen.
Leistbarer Wohnraum ist zurzeit in aller Munde und alle Parteien hier im GR wollen mit Anträgen und Vorschlägen das Thema Wohnen jetzt neu definieren. Die einzige Alternative für die Stadt ist jedoch, selber für kostengünstige Wohnungen zu sorgen und dazu braucht es geeignete Grundstücke. Lippenbekenntnisse helfen hier nicht weiter und lösen die Probleme für viele Menschen nicht.
Das hier vorgelegte Budget zeigt deutlich, wohin in Zukunft der Weg führt.
Es beinhaltet eine weitere Einsparung im Personalbereich, wie der DPPL zeigt. Auch wenn es zu keiner Kündigungswelle wie in der Privatwirtschaft kommt, so werden doch viele Dienstposten nicht nachbesetzt und der Arbeitsdruck auf die restlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter steigt kontinuierlich.
Unter dem Motto „Mehr Qualität, effektivere Leistung und weniger Kosten“ orientiert man sich im Haus Graz in Zukunft immer öfter an den Mindestlöhnen in den jeweiligen Kollektivverträgen und lagert weiter Personal aus. Gleichzeitig können Einnahmen aus Dienstleistungen nicht lukriert werden, weil Personal fehlt.
Bei den Sozialleistungen wird in Zukunft vorwiegend der gesetzliche Pflichtbereich erfüllt werden, doch dieser wird vom Gesetzgeber immer weiter verkleinert, da verstärkt die Ausgaben dafür gedeckelt werden.
Die Einführung von sozialen Staffelungen in den einzelnen Bereichen ist nur Schein, Leistungen gibt es ohnehin nur mehr für Menschen, die bereits schon nichts mehr haben.
Tarife und Gebühren
werden in Zukunft regelmäßig erhöht und die Haushalte der Grazer und Grazerinnen entsprechend belasten. Die Wohnungskosten werden durch steigende Betriebskosten weiterhin in die Höhe schnellen.
Hier könnte die Stadt ihr Verantwortungsbewusstsein zeigen und nicht nur der Bau - Lobby gegenüber.
Das Wahlergebnis der letzten GRW hat gezeigt, dass viele Menschen in Graz mit dieser Politik nicht mehr einverstanden sind. Sie haben – für Österreich nicht üblich – die KPÖ zur zweitstärksten Fraktion in diesem Gemeinderat gemacht.
Trotzdem wurde das Gespräch mit der KPÖ nur pro forma geführt. Die Verliererparteien haben sich wieder geeinigt und führen ihre Politik wie gehabt weiter. Der KPÖ wird ständig vorgeworfen sie übernimmt keine Verantwortung und fordert nur, ohne Vorschläge zur Finanzierung ihrer Forderungen zu machen. Fakt ist: Unsere Vorschläge wollte man nicht hören und schon gar nicht sich damit auseinandersetzen.
Wir werden uns jedoch auch weiterhin in diesem Gemeinderat für jene Menschen einsetzen, die keine Lobby hinter sich haben und Hilfe benötigen und das tun, was wir unseren Wählern und Wählerinnen versprochen haben.
Stadtplanung: Lebensqualität statt Profitinteressen
Spezialrede zum Doppelbudget 2013/14 von Gemeinderat Manfred Eber
16. Mai 2013
Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
werte Mitglieder der Stadtregierung und des Gemeinderates, sehr geehrte Damen und Herren!
Bebauungsplanung, Flächenwidmung, Stadtentwicklung
Was hat die Bebauungsplanung mit dem Budget zu tun, was der Flächenwidmungsplan?
Die KPÖ setzt sich für eine soziale Stadtentwicklung ein, das heißt, die Stadt soll für die Menschen, die in ihr arbeiten, wohnen und leben, da sein und nicht in erster Linie für Investoren. Überschreitungen der Bebauungsdichte, Ausweisungen als Bauland - auch bei vorhandener Hochwasserproblematik - Umgehung des Altstadtschutzes – das sind nicht nur einige Schlagworte, das sind Fragestellungen, mit denen wir uns im Gemeinderat bzw. in den zuständigen Ausschüssen immer wieder auseinandersetzen müssen.
Ein Beispiel: Wenn ein stadtbekannter Bauherr auf jeder freien Wiese Reihenhäuser aufstellt, dann führt dies zu zahlreichen Problemen:
Verhüttelung mitten in der Stadt, Hochwasserprobleme durch die Bodenversiegelung, Vorrang für den motorisierten Individualverkehr statt für den Öffentlichen Verkehr usw. Der Bauherr hingegen kann sich über lukrative Gewinne freuen.
Ein anderes Beispiel: Wenn Investoren durch die sogenannte „Schließung von Baulücken“, wie in der Oeverseegasse/Lissagasse oder am Schönaugürtel/Obere Bahnstraße Bauklötze hinpflanzen, gehen auf der anderen Seite wertvolle Lebensräume für die angrenzenden BewohnerInnen verloren. Innenhöfe mit oft wertvoller Grünausstattung werden auch hier dem Profitinteresse der Investoren geopfert.
Was bedeutet das nun für die Entwicklung unserer Stadt?
Grünräume, gerade in Zentrumsnähe, werden sukzessive zerstört, Nutzungskonflikte zwischen „alten“ und „neuen“ BewohnerInnen, zwischen Gewerbe- und Wohngebiet, stehen quasi auf der Tagesordnung, fehlende Einrichtungen in vielen Stadtteilen sorgen dafür, dass fehlende konsumfreie Räume und Räumlichkeiten oft auch zu mangelnden sozialen Kontakten führen.
Die Tatsache, dass rund 40.000 Menschen in Graz armutsgefährdet und damit de facto von einer wirklichen Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben, auch von der Teilnahme am öffentlichen Verkehr, ausgeschlossen sind, sollte uns allen zu denken geben. Hier gilt es gegenzusteuern.
Ich möchte mit meinem Beitrag nicht schwarz-zeichnen. Diese Stadt hat auch viel zu bieten. Aber wenn wir nicht heute schon genau hinsehen, wo sich soziale Probleme und Konflikte, vielleicht noch im Verborgenen, zuspitzen, werden wir morgen ein böses Erwachen haben.
Bei der Erstellung von Bebauungsplänen, aber auch in der Diskussion um Flächenwidmungspläne und Stadtentwicklungskonzepte, geht es oft – und oft in erster Linie – um die Sicherheit und auch um die Interessen für die Investoren.
Wer aber kümmert sich um die Anliegen und die berechtigten Interessen der AnwohnerInnen, der Menschen, denen es nicht so gut geht in unserer Stadt?
Ich meine, gerade diese Menschen benötigen eine starke Vertretung und diese Vertretung wollen wir sein, diese Vertretung sind wir.
Verkehr:
Mit dem Wechsel der Verkehrsagenden von Frau Stadträtin Rücker zu Herrn Stadtrat Eustacchio sind vermutlich weniger aufregende Veränderungen zu erwarten, als manche vermuten möchte.
Die Umbenennung des Shared Space am Sonnenfelsplatz in „Begegnungszone“ ist ja noch kein Hinweis auf eine radikale Änderung in der Grazer Verkehrspolitik.
Auch die Überlegung der Rathauskoalition, gratis zwischen Hauptbahnhof und Jakominiplatz zu fahren - so zumindest wird Stadtrat Eustacchio in der Kleinen Zeitung zitiert - zielt wohl eher auf eine Tourismus- und Wirtschaftsförderung ab und nicht auf eine Entlastung der Menschen in unserer Stadt.
Dabei bräuchte Graz tatsächlich eine andere Verkehrspolitik, den Ausbau und die Attraktivierung des Öffentlichen Personennahverkehrs, vor allem auch eine Senkung der Tarife. Wer meint, Schwarzfahren dadurch in den Griff zu bekommen, dass man nach 20 Uhr nur mehr vorne einsteigen darf und ein gültiges Ticket vorweisen muss, der irrt. Günstigere Tarife würden vielleicht nicht nur die eine oder andere Schwarzfahrt verhindern, sie würden wohl auch so manchen zum Umsteigen auf den Öffentlichen Verkehr animieren.
Zur Finanzierung brauchen wir eine Nahverkehrsabgabe. Diese soll aber nicht eine Massenbelastung für die Menschen in unserer Stadt, in unserem Land darstellen, sondern von den Unternehmen eingehoben werden, die davon, vom Öffentlichen Verkehr, letztlich auch profitieren.
Und wenn ein Unternehmen nicht mehr in der Lage ist, beispielsweise einen Euro für jeden Mitarbeiter, jede Mitarbeiterin in der Woche aufzuwenden, damit diese schnell und günstig zur Arbeit und wieder nach Hause kommen können, dann läuft wohl etwas anderes in diesem Unternehmen schief.
Wohnen ist ein Teil elementarster Daseinsvorsorge
Budgetrede von Wohnungsstadträtin Elke Kahr
16. Mai 2013
Letzte Woche fand am Grazer Schlossberg der 1. Österreichische Stadtregionstag statt. Über zwei Tage hindurch beschäftigte man sich mit der Städtepolitik in der EU. Und wir haben dort gehört, dass mittlerweile 70 Prozent der europäischen Bevölkerung in städtischen Gebieten leben. Diese Entwicklung sehen wir in Österreich und natürlich auch in unserer Stadt Graz. So erfreulich das einerseits sein mag, so gewaltig sind auch die Herausforderungen im Wissen knapper werdender Budgets, an eine kommunale Stadtverwaltung.
Die Förderung des sozialen Zusammenhalts muss gewährleistet werden. So steht es in fast allen Expertisen und Dokumenten, die von der EU herausgegeben werden. Diese Appelle an die Städte greifen aber ins Leere, wenn man gerade durch die EU den Druck auf die Kommunen erhöht und auch innerhalb Österreichs die Umverteilung der Mittel nicht zugunsten von Städten und Gemeinden ausfällt.
Sozialer Zusammenhalt und eine solidarische Gesellschaft geraten aber spätestens dann in Schieflage, wenn wir den Menschen keine Arbeitsplätze verschaffen können, von denen sie auch leben können und wenn nicht genügend bezahlbare Wohnungen zur Verfügung stehen.
Wohnen als wesentlicher Teil der Sozialpolitik
Als zuständige Wohnungsstadträtin möchte ich deshalb auch heute einmal mehr darauf hinweisen, dass Wohnungspolitik ein ganz wesentlicher Teil der Sozialpolitik ist. Aus dem einfachen Grund, weil alle Menschen Raum zum Wohnen brauchen. Ob jung oder alt, krank oder gesund, einheimisch oder zugewandert, benachteiligt oder privilegiert.
Nur die wenigsten können sich ihre Traumwohnung leisten. Hochglanzbroschüren privater Wohnbauträger, in denen der Wohnbau prächtig präsentiert wird, sind für einen Großteil der Familien und Personen ein Hohn. Selbst Richtwertmieten, die gesetzeskonform sind, ergeben zusammen mit den immer teurer werdenden Betriebs-, Heiz- und Stromkosten eine monatliche Belastung für das Wohnen von 50 Prozent und oft noch mehr.
Kaufkraftverlust bei ArbeiterInnen bis zu 40 Prozent.
In den letzten Jahren habe ich in tausenden von persönlichen Beratungsgesprächen sehr viel über die berufliche und persönliche Situation der Menschen erfahren können. Immer wieder erschütternd zu sehen ist für mich, dass trotz jahrzehntelanger oft schwerer Arbeit die Realeinkommen mit den Lebenserhaltungskosten bei weitem nicht Schritt halten. Ich bin kein Statistikfreak, aber der Einkommensbericht 2012 des Rechnungshofes (1) verdeutlicht, dass vor allem die unteren Einkommensgruppen massiv an Kaufkraft verloren haben. Die ArbeiterInnen haben zwischen 1998 und 2012 im Durchschnitt, inflationsbereinigt zwölf Prozent verloren, das unterste Zehntel der ArbeiterInnen sogar 40 Prozent.
Bei den Angestellten sank die Kaufkraft um acht Prozent.
Investoren und Banken suchen bestmögliche Rendite
Diese Einkommensentwicklung ist mit ein Grund, warum sich immer größere Teile der Bevölkerung die Wohnungen am privaten Wohnungsmarkt nicht mehr leisten können. Die ohnehin viel zu hohen Richtwertmieten sind teilweise noch günstig im Vergleich zu jener größer werdenden Zahl von frei finanzierten Wohnungen, die keinerlei Mietzinsbeschränkungen unterliegen. Wo Investoren und Banken die höchstmögliche Rendite suchen, werden sie sie auch finden. Finanziert von jenen, die aufgrund der hohen Nachfrage und des geringen Angebotes keine andere Möglichkeit haben. Deshalb darf Wohnen keine Ware sein. Wohnen ist ein Teil elementarster Daseinsvorsorge.
Keine Alternative zum sozialen Wohnbau
In Graz geben wir tausenden Familien und Personen mit unseren Gemeindewohnungen dauerhaften, gesicherten und leistbaren Wohnraum. Wollen wir keine Verhältnisse, wie sie in vielen europäischen Städten schon vorherrschen, dann kann der Bau von weiteren Gemeindewohnungen nicht als einfallsloses Relikt aus vergangenen Zeiten gesehen werden, sondern als ein Gebot der Stunde. Wenn man ernsthafte Wohnungspolitik für alle einkommensschwächeren Gruppen machen will, gibt es dazu keine Alternative.
Wie reagiert aber die herrschende Politik darauf? Was tun Bund und Land, um den dringend nötigen leistbaren Wohnraum zu schaffen?
Warum hält man ein völlig undurchschaubares Richtwertmietsystem aufrecht, anstatt nachvollziehbare günstigere Kategoriemieten einzuführen? Ist es nicht das Land Steiermark, das durch die Kürzung der Wohnbaufördermittel weniger geförderten Wohnraum schafft und gleichzeitig die Wohnbeihilfen kürzt?
Warum begreifen Voves und Schützenhöfer im Land noch immer nicht, dass Graz als ständig wachsendes Ballungszentrum den größten Bedarf an geförderten Wohnungen hat?
Die Anfang des Jahres gut begonnene Debatte über leistbares Wohnen im Vorfeld zur Nationalratswahl ist gerade wieder im Begriff, die Orientierung zur Finanzierung des sozialen Wohnbaus bei privaten Investoren zu gewinnen. Kapital dafür von Versicherungen oder Pensionskassen heranzuziehen, liefert die Entwicklung des geförderten Wohnbaus aber dem Finanzmarkt aus. Die Aufgabe der Zweckbindung der Wohnbaufördergelder und der Verkauf der aushaftenden Wohnbaudarlehen an die Banken haben den geförderten Wohnbau in der Steiermark in die Sackgasse geführt.
Zweckbindung der Wohnbaufördergelder
Deshalb treten wir entschieden für die Zweckbindung der Wohnbaufördergelder ein. Aushaftende Darlehen müssen wieder durch das Land selbst verwaltet werden und wir treten für die Einführung eines Landeswohnbaufonds ein. Dieser soll aus Ertragsanteilen, Rückflüssen aushaftender Darlehen und vom Land aufgenommener Bankdarlehen gespeist werden.
Werte Kolleginnen und Kollegen!
Für das Doppelbudget 2013 und 2014 habe ich gemeinsam mit den MitarbeiterInnen im städtischen Wohnungsamt versucht, die Leistungen aufrechtzuerhalten. Für uns steht im Zentrum die Frage, was können wir tun um die hohe Qualität der Betreuung und Beratung für Wohnungssuchende und unsere BewohnerInnen weiterzuführen und gleichzeitig auch Maßnahmen zu setzen, damit die soziale Gerechtigkeit und Solidarität nicht verloren gehen.
Die Mieten in den städtischen Gemeindewohnungen liegen um 40 Prozent unter jenen des steirischen Richtwertes. Wir halten trotzdem unsere Mietzinszuzahlung aufrecht, damit niemand mehr als ein Drittel von seinem Haushaltseinkommen für die Wohnkosten (Miete, BK und Heizung) bezahlen muss.
Der 2011 eingeführte Kautionsbeitrag (Übernahme einer Bruttomonatsmiete bis zu 500 Euro bei Anmietung einer Wohnung am privaten Wohnungsmarkt) hat sich sehr bewährt und ist auch weiterhin budgetär abgesichert.
Der seit mehr als zehn Jahren erfolgreich begonnene Weg der umfassenden Wohnhaussanierungen bei den stadteigenen Wohnhäusern wird auch in diesem und im nächsten Jahr fortgesetzt werden. Mit unseren umfassenden Sanierungen sind wir im Städtevergleich – und das kann ich durchaus auch im Namen unserer MitarbeiterInnen mit Stolz sagen – beispielgebend. Ebenso werden thermische Sanierungen, Fenster- und Lifteinbauten, Mülleinhausungen, Hofgestaltungen, Privatstraßensanierungen, Brauchbarmachungen von Wohnungen u.v.a. erfolgen.
Neben dem Einbau von Nasszellen möchten wir auch in diesem und im nächsten Jahr den Einbau von Fernwärme fortsetzen. Im Rahmen der umfassenden Wohnhaussanierungen ist der Einbau von Fernwärme obligatorisch. Ob aber im selben Ausmaß wie in den vergangenen Jahren zusätzlich in bewohnten Wohnungen ein Fernwärmeeinbau erfolgen kann, wird davon abhängen, ob die entsprechenden Mittel dafür im Gemeinderat eine Mehrheit finden. Allein letztes Jahr wurde in 351 Wohnungen Fernwärme eingeleitet - gute Zusammenarbeit mit dem Umweltamt.
Seit vielen Jahren dämmen und sanieren wir am Grünanger unsere Holzhäuser. Dieses Jahr werden wir ein Pilotprojekt starten und erstmals ein Holzhaus (Doppelhaus) Am Grünanger auf einer derzeit freien Fläche neu errichten.
Wie schon erwähnt ist es unser Ziel, auch in den kommenden Jahren dafür zu sorgen, dass weitere neue Gemeindewohnungen errichtet werden.
Heuer werden 239 Wohnungen fertiggestellt, nächstes Jahr 251 Wohnungen. Das ist deshalb möglich, weil in der letzten GR-Periode ÖVP und Grüne mit uns gemeinsam ein Sonderwohnbauprogramm für 500 neue Gemeindewohnungen vereinbart hatten. Ob dieser Weg so fortgesetzt werden kann, hängt wesentlich davon ab, ob es auch weiterhin vom zuständigen Liegenschaftsreferenten die entsprechende Unterstützung zum Ankauf von Grundstücken gibt.
Ein neuer Verantwortungsbereich für mich liegt in der Siedlungs- und Stadtteilarbeit. Die Konzentration liegt hier vor allem bei den gemeindeeigenen Wohnhausanlagen und bei den Übertragungswohnbauten. Die schon im letzten Jahr auf wenige Wohnhäuser beschränkt begonnene Wohnungseinbegleitung „Hallo Nachbar“, wird auf alle städtischen Wohnhäuser ausgeweitet. Das Projekt Nachbarschaftshilfe (NABAS) durch das Friedensbüro wird fortgeführt und ausgeweitet.
Die Stadtteilzentren Triester und Grünanger, das Büro der Nachbarschaften, die Stadtteilarbeit EggenLend, sowie das Nachbarschaftsbüro NANET in der Floßlendsiedlung werden mit Fördermitteln unterstützt.
Neu geschaffen wird ein Stadtteilzentrum in der Schönausiedlung. Die noch vor wenigen Tagen offene Raumfrage ist seit gestern auch geklärt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Mit der Bau- und Anlagenbehörde wurden mir eine neue Magistratsabteilung und neue Aufgaben übertragen. In den wenigen Monaten, in denen ich bisher mit den KollegInnen zusammenarbeiten durfte, kann ich jetzt schon sagen, dass ich den größten Respekt vor deren Leistungen habe. Fast 80.000 Bescheide, Mitteilungen und Rückscheine – unzählige Termine, Baubesprechungen, Telefonate, Beratungen usw. nicht eingerechnet – zeigen, welch hohe Anforderungen und Kompetenzen hier angesiedelt sind. Die mittlerweile erfolgte Personalaufstockung, die dringend erforderlich war, macht es deshalb auch erstmals möglich, wichtige organisatorische Maßnahmen zu setzen.
Internes Kontrollsystem (diese Woche gestartet), Einführung eines elektronischen Aktes (ebenso vor kurzem gestartet), die Einführung einer Gebührenstelle, um mehr Transparenz zu schaffen, Qualitätssteigerung durch einheitliche Vorlagen, Prozessoptimierung zur Verkürzung der Bearbeitungsdauer, konzentrierte Verfahren als Service für den Antragsteller und eine Reform des Katastrophendienstes sind nur einige Beispiele. Vor allem freut es mich, dass es gelungen ist, ein Beschwerdemanagement einzuführen. Auskünfte kompetent und kundInnenfreundlich zu erteilen, ist dabei oberstes Prinzip.
Im Vergleich zum Vorjahr konnte allein im 1. Quartal 2013 eine Steigerung in der Bearbeitung der Akten um 41 Prozent erreicht werden.
Dafür möchte ich mich bei allen, die schon im letzten Jahr mitgeholfen haben, die personellen Ressourcen der BAB zu ermöglichen, bedanken. Vor allem aber bei Abteilungsvorständin Mag. Verena Ennemoser und bei allen KollegInnen, die im letzten Jahr und in den letzten Monaten Enormes geleistet haben. Auf den begonnen Weg können wir alle sehr stolz sein.
Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Seit nunmehr sieben Jahren habe ich die Verantwortung für das städtische Wohnungsamt. Das, was hier tagtäglich geleistet wird – von der Hausverwaltung angefangen bis zur Arbeit der KollegInnen im Wohnungszuweisungsreferat, in der Schlichtungsstelle, in der Technik, in der Wohnbauabteilung oder in der Wohnungsinformationsstelle mit fast 3.500 Beratunsgesprächen im Jahr – kann man in keinem kurzen Redebeitrag darstellen. Sie können mir aber glauben: Die Anforderungen steigen von Jahr zu Jahr. Dabei die Qualität im Service und vor allem in der hohen sozialen Kompetenz zu halten, ist nicht selbstverständlich und es ist vor allem ein Verdienst vom Abteilungsleiter Dr. Norbert Wisiak, dass dies gelingt. Dafür ein ganz herzliches Danke.
Auch wenn wir nicht am Ende des Jahres angelangt sind, sondern mitten drin stehen, möchte ich es nicht verabsäumen, mich bei
allen Bediensteten der Stadt Graz für die gute Zusammenarbeit zu bedanken, bei den alten und neuen Gemeinderäten im Wohnungsvergabeausschuss und bei ihrem Obmann Gemeinderat Spath, bei allen KollegInnen in der Stadtregierung und bei Kollegen Stadtrat Rüsch, wo wir in einer guten und sachlichen Atmosphäre – wenn auch nicht immer übereinstimmend – einen Weg für die mir übertragenen Abteilungen gefunden haben.
Veröffentlicht: 17. Mai 2013